Emotionale Reise mit ausdrucksstarken Bildern
von Andrea Herdegen-Reichenberger

Endlich geht im Saal das Licht aus. Herzklopfen. Nie wird ein
BAP-Konzert für mich zur Routine werden. Meine Hände zittern leicht vor
Aufregung, hoffentlich kann ich die Kamera ruhig halten. Traurig werde
ich bei dem Gedanken, dass ich heute "Vum donnernde Lääve" zum letzten
Mal höre, denn nach diesem Konzert ist für mich "Schicht".

Ich möchte jede einzelne Sekunde genießen, sie festhalten, damit sie
sich einprägt. Drei Stunden ein Leben weit weg von Alltagstristesse,
Ärger und unzugänglichen Menschen. BAP nimmt mich bei jedem Konzert mit
auf eine emotionale Reise mit ausdrucksstarken Bildern, einem Wirrwarr
an Gefühlen und natürlich den verschiedensten Erinnerungen. Daran haben
auch 18 Jahre nichts geändert, doch gerade die Tonfilmkonzerte machen
dies wieder deutlich. Ich brauche BAP, brauche die gemalten Texte von
Wolfgang Niedecken.

Dann steht der Gitarrist allein im lila Scheinwerferlicht: Absolut in
sein Spiel vertieft, verschmilzt er mit seinem Instrument zu einer
Einheit. Die ersten Töne von "Wat, usser Rock'n'Roll" erklingen. Für
mich stets der Höhepunkt des Gigs. Ich will genau diesen Moment
festhalten, mitnehmen, für miese Zeiten aufsparen. Den Liedtext beziehe
ich auch auf mein Leben und überlege, wie viel mir Rockmusik bedeutet,
wie wichtig sie für mich ist.

In der Pause lerne ich einen Rollstuhlfahrer kennen, der neben mir vor
der Bühne sitzt und auch schon seit vielen Jahren BAP gut findet. Als
Olaf aus meinen Erzählungen heraushört, dass ich bei den Touren, wenn
irgendwie möglich, "dabei bin", ist er begeistert und will alles genau
wissen. "Was macht denn jetzt der Major?", "spielen sie noch Jupp?",
fragt er. So entsteht eine neue Freundschaft und Frau vertreibt sich die
Halbzeitpause, ohne die Nase zu pudern oder den Lidstrich
nachzuziehen...

"Bleifooß", der absolute Song für alle, die noch mindestens drei Stunden
Autobahn vor sich haben, bevor sie müde in ihr Bett kriechen können. Die
Ansage über Blondie, dem "Bonsai-Schäferhund", kommt überall gut
an. Bei "Jupp" zeigt Helmut erneut, welch herausragender Gitarrist er
ist und wie er in seiner Musik aufgeht. Ein nagelneues Lied einfach ins
Tourprogramm aufzunehmen, zeugt von der Spontaneität der neuen
BAP-Truppe. Der wunderschöne, gefühlvolle Song "Schluß, Aus, O.K." kommt
beim Publikum in jeder Stadt sehr gut an.

"Amerika", "Waterloo-Sunset", "Ewje Affhängerei" und "Vill passiert",
meine Lieblingstitel ziehen viel zu schnell an mir vorbei. Noch einmal
Gänsehaut bei Sheryls Gesangspart "But I was so much older then...".
Bei "Hundertmohl" weiß ich, dass die Tour für mich unwiderruflich zu
Ende ist. Ganz wehmütig wird mir ums Herz. Melancholie macht sich breit,
als sich die sieben Bandmitglieder verbeugen, der Applaus nicht mehr
enden will.

Im Auto dann läuft wieder Musik von der "merkwürdigen Band", die mich so
lange schon bewegt und die mir soviel bedeutet. Ich sehe Bilder vom
Konzert, erinnere mich an die Momente, die so wichtig für mich sind. Und
ich denke an einen Gitarristen, der im lila Scheinwerferlicht sein
Instrument so gefühlvoll spielt, wie ich es
vorher noch nie erlebt habe.