"Die Musik hat der Major mir vorgespielt und es ging bei mir sofort: "Kling", das muß das Lied mit den Container sein! Und das hat folgendes auf sich: Die Südstadt ist ja mittlerweile schon seit längerem in der Sanierungsphase. Das dürfte mittlerweile auch vorbei sein, oder in der Endphase sein. Da ist viel darüber geschrieben worden, viel gesprochen, viele – auch von mir - Texte dazu gemacht worden: "Saison der Container", "Stollwerk-Leed", jede Menge eigentlich... Dieser hier, das ist einer, der so mehr aus der satirischeren Ecke kommt. Da stehen ein paar Jungs in einem "Büdchen", in einem Kiosk und lassen die Sprüche ab, die markigen. Sie haben wahrscheinlich ihren Damen zu Hause gesagt, sie würden jetzt mit dem Rennrad "Trimm-Dich"-mäßig unterwegs sein. Haben auch, wie sich das gehört, den Jogginganzug an, Rennrad vor der Türe stehen, Fahrradklammern... Alles klar, aber sie stehen im Büdchen, trinken sich ein bißchen was und ... erzählen sich gegenseitig, was sich alles so im Viertel verändert hat in der letzten Zeit, was sie mitgekriegt haben, was sie aber nicht so furchtbar berührt. Und das ist auch alles o.k. so, solange man ihnen nicht das Büdchen zumacht. Also, dann würden sie wahrscheinlich doch sauer. Büdchen – für alle, die nicht aus dem Kölner Raum sind.: Büdchen sind die Dinger, wo "Trinkhalle" dransteht, wo man Zeitungen kaufen kann und alles, was man nach Geschäftsschluß woanders nicht mehr kriegt. Ja, die finden alles o.k. so, nur das Büdchen muß halt bestehen bleiben. Das ist so ähnlich wie dieser uralte Rock’n’Roll-Text: "You can do anything what you want, but don’t step on my blues-wait-shoes." Soviel zu dem Text."

Wolfgang Niedecken auf der A-Single "Saison der Container"

Saison der Container
Von der LP "Da Capo", 1988

Uss 'em Blaumann russ, Trainingsahnzoch ahn, op et Rennrad drop un dann em zweite Jang öm de Eck nohm Rolf, en et Büdche, Mann. Do ess immer wer, met dämm mer schwaade kann. Zwesche "Underbirch" un Cola-Dose, zwesche "Ritter Sport" un Fläschebier, en "ruude Hand" un sons en Rauh jelohße. Dat ess ech die Krönung, ich saach et dir! Hatt'er schon jehührt? Ich hatt et em Instinkt: Dä Franz ess pleite ...dat ha'sch kumme jesinn. Dä fährt jetz Taxi, sing Jeschäff ess zo, käuf jetz och beim "Aldi" enn, wie ich un do. Vüür singem Laade steht 'ne Müllcontainer. Wat jetz do rinnkütt, ess doch scheißejal. Su oder su, 't weed nix für unsereiner. Hührt mer op met "Veedel" , dat 's sentimental! Willkommen zur Saison der Container. Kapott – 'ne Neue, dat pass nimieh heher. Modernisiere heiß, et weed alles schöner. Do drink' mer drop – dunn noch en Rund Bier! Wo dä Schuster wohr, hammer en Boutik; en dä Metzjerei stonn Möbel, ech antik. Bäckerei's en Weinstub – dovun jitt et drei. Un dä janze Ring ess en Studentekneip. Wo die Drojerie wohr, hammer 'n Diskothek. Resultat ess, dat kein Sau 'ne Parkplatz mieh kritt. Dä Friseur ess och zo – jetz e Fresslokal; donevve 'n Spillhöll un en Cocktailbar. Doch sulang mer durch die Vringspooz durch darf, unser Veedel keine Türsteh'r kritt, keiner kütt un unser Büdche affschaff, stommer he beim Rolf - sons int'ressiert uns nix!

Saison der Container
Übersetzt von Chrischi 1998

Aus dem Blaumann raus, Trainingsanzug an, auf das Rennrad drauf und dann im zweiten Gang um die Ecke zum Rolf, ins Büdchen, Mann. Da ist immer wer, mit dem man reden kann. Zwischen "Underberg" und Cola-Dosen, zwischen "Ritter Sport" und Flaschenbier, eine "rote Hand" und sonst in Ruhe gelassen. Das ist echt die Krönung, ich sag es dir! Habt ihr schon gehört? Ich hatte es im Instinkt: Der Franz ist pleite ...das habe ich kommen gesehen. Der fährt jetzt Taxi, sein Geschäft ist zu, kauft jetzt auch beim "Aldi" ein, wie ich und du. Vor seinem Laden steht ein Müllcontainer. Was jetzt da reinkommt, ist doch scheißegal. So oder so, es wird nichts für unsereiner. Hört mir auf mit "Viertel" , das ist sentimental! Willkommen zur Saison der Container. Kaputt – etwas Neues, das paßt nicht mehr hierher. Modernisieren heißt, es wird alles schöner. Da trinken wir drauf – mach noch eine Runde Bier! Wo der Schuster war, haben wir eine Boutique; in der Metzgerei stehen Möbel, echt antik. Bäckerei ist eine Weinstube – davon gibt es drei. Und der ganze Ring ist eine Studentenkneipe. Wo die Drogerie war, haben wir eine Diskothek. Resultat ist, daß keine Sau einen Parkplatz mehr kriegt. Der Friseur ist auch zu – jetzt ein Freßlokal; daneben eine Spielhölle und eine Cocktailbar. Doch solange man durch die "Severinstorburg" durch darf, unser Viertel keinen Türsteher kriegt, keiner kommt und unser Büdchen abschafft, stehen wir hier beim Rolf - sonst interessiert uns nichts!