"Das ist eine Biermann-Nummer, die mich immer sehr beeindruckt - und auch beeinflußt hat. Sie ist, wenn man so will, der Vorläufer von "Ne schöne Jrooss". Deswegen gehen die beiden Nummern hier auch ineinander über. Zuerst habe ich versucht, dieses Stück hochdeutsch zu singen, aber es wurde dann von Tag zu Tag immer mehr kölsch. Der Hintergrund: Wolf Biermann hatte mich zu seinem 60. Geburtstag eingeladen und gebeten, diese Nummer, von der er wusste, daß sie mir wichtig war, zu singen. Eine große Ehre. Ich bin damals dann mit Effendi nach Hamburg gefahren und wir haben ihm im Schauspielhaus dieses Ständchen gebracht: Effendi am Akkordeon, ich Gitarre und Gesang. Bei dieser Gelegenheit habe ich die Nummer noch im überregionalen verständlichen Millowitsch-Kölsch gesungen. Als wir den Titel nun für "Tonfilm" aufgenommen haben, habe ich Zeile für Zeile umgewandelt. Weg vom Millowitsch- und hin zum richtigen Kölsch. Biermann hat uns beim Abmischen in Hamburg im Studio besucht und als Erster das komplette Album gehört und meinte, ´er hätte noch nie gehört, daß jemand seine Songs in einem eigenen Stil interpretiert. Er sei wirklich überrascht.´ Biermann zu covern ist auch sehr schwer, denn der Typ hat einfach Personality satt. Entweder man imitiert ihn oder man macht es nur schlechter. Aber seine Songs mit eigener Personality anzufüllen, scheint eine wirkliche Leistung zu sein. Zum ersten Mal fiel mir "Vom donnernden Leben" 1976 auf, als Biermann sein legendäres Konzert in der Kölner Sporthalle gab, kurz bevor die SED-Bonzen ihn ausbürgerten. Dieser Titel war schon ein Fundament, eine Ausgangssituation für mich als Textautor in deutscher Sprache. Er stammt aus dem Jahr 1976, wo sich BAP formierte. Damit beginnt die "Tonfilm"-Geschichte."

W.N. auf der interaktiven Press-Kit zum "Tonfilm"-Album

Vum donnernde Lääve
Von der CD "Tonfilm", 1999

Dat kann doch nit alles jewääse sinn, dat bessje Sonndaach un Kinderschrein, dat muß doch noch irjendwo hinjonn,... hinjonn. Die Övverstunde, dat bessje Kies un ohvends, em Fernsehn, dat Paradies. Dodrinn kann ich doch keine Sinn sinn, keine Sinn sinn. Dat kann doch nit alles jewääse sinn. Kann't sinn, dat do irjendjet nit draan stemmp? Do muss doch noch Lääve en't Lääve ... en't Lääve. Ey, saach mer, wo blieht do - em Ähnz - dä Spaß? Nur Schaffe un Raffe un Hooste un Hast un donoh dä Löffel affjevve ... Wat'e Lääve!? Dat soll dann alles jewääse sinn, dat bessje Fußball un Führersching, dat woor dann dat donnernde Lääve ... jewääse. Ich hätt jähn jet mieh vun dämm Blau jesinn un jähn noch paar eckige Runde jedrieht, däät jähn, eh'ch dä Löffel affjevve ... eez ens levve.

Vom donnernden Leben
Übersetzt von Chrischi 1999

Das kann doch nicht alles gewesen sein, das bißchen Sonntag und Kinderschreien, das muß doch noch irgendwo hingehen. Die Überstunden, das bißchen "Kies" und abends, im Fernsehen, das Paradies. Darin kann ich doch keinen Sinn sehen. Das kann doch nicht alles gewesen sein. Kann es sein, daß da irgend etwas  nicht daran stimmt? Da muß doch noch Leben in das Leben. Ey, sag mir, wo bleibt da - im Ernst - der Spaß? Nur Schaffen und Raffen und Husten und Hast und danach den Löffel abgegeben... Was für ein Leben!? Das soll dann alles gewesen sein, das bißchen Fußball und Führerschein, das war dann das donnernde Leben ... gewesen. Ich hätte gerne etwas mehr von dem Blau gesehen und gerne noch paar eckige Runden gedreht, täte gerne, ehe ich den Löffel abgebe ... erst mal leben.