"Dieses Stück hier ist für die Herrschaften, die sich pausenlos in Verdun zum Beispiel treffen und Händchen halten oder in Bitburg SS-Gräber besichtigen müssen. Wir haben uns etwas leicht vertan, als wir die LP auch noch so genannt haben. Eigentlich können wir das nicht auf die alten Männer beschränken, es sind auch die jungen "Schleimscheißer" gemeint. Und spätestens seit "Maggy von der Insel" zugange ist, muß man die auch mit einschließen. Also, ein Stück gegen die konservative Geisterbahn, die sich weltpolitisch bemerkbar macht."

Wolfgang Niedecken auf einem Open-Air in Konstanz am 7.6.1986

"Das ... Stück ... ist eins, was den Herrschaften gewidmet ist, die immer meinen, daß, wenn sie irgendwo an Kriegsgräbern ihren Kranz niederlegen, ihre Streifen glattstreichen, oder in Verdun Händchen halten oder in Bitburg der SS die Aufwartung machen, damit könnte man Wählerstimmen gewinnen. Dies ist ein Stück für Heinrich Böll und gegen die alten Männer, die "alten Affen"

Wolfgang Niedecken auf dem Rockpalast-Konzert 1986 in der "Grugahalle" in Essen

 

Ahl Männer, aalglatt
Von der LP/CD "Ahl Männer, aalglatt", 1986  und dem Jubiläums-Album "Dreimal zehn Jahre", 2005

Ahl Männer, die Hand en Hand, als Denkmal uss Schmalz,
ahndächtig vüür Kameras posiere, ennwendig ihßkalt.
Ihr Trauer, die duudjeboore, als Kür em Protokoll,
vüür'm Festbankett absolviere. Ich weiß, wat dat soll.
Paradeschritt, Marschmusik, Schwaaz-Ruut-Jold em Wind
un platteste Sprüch parat für Opfer, die blind.
all vier Johr als Krüzzje brav, vüürdemoskopiert,
ihr Stemme in Urne bejraave, demokratisch kaschiert.

Ahl Männer, unerbittlich nette ahl Männer – pathetisch, fett un satt.
Ahl Männer, uss 'em Ei jepellte ahl Männer – aalglatt.

Schauspieler, die 'm Schmierentheater durchfeele – mangels Talente
– konfus met Erdteile jongliere, en Rolle vun Staatspräsidente.
Wie Aape, die met jeladne Pistole neujierisch hantiere,
dürfen Viersterne-Clowns ihr Rakete als Spillzeuch em All stationiere.
Dat he's kei Land mieh, wo beim Barbier Portraits ahn der Wand,
vun Despote, die en Schullklasse Logenplätze hann,
doch immer noch eins, wo ahnbiedernste Böck Järtner sinn,
och wenn se veezisch Johr blööke, dat dat lang nimmieh stemp.

Ahl Männer, unerbittlich nette ahl Männer – pathetisch, fett un satt.
Ahl Männer, uss 'em Ei jepellte ahl Männer – aalglatt.

Alte Männer aalglatt
Übersetzt von Chrischi 1998

Alte Männer, die Hand in Hand, als Denkmal aus Schmalz,
andächtig vor Kameras posieren, inwendig eiskalt.
Ihre Trauer, die tot geboren, als Kür im Protokoll,
vor dem Festbankett absolvieren. Ich weiß, was das soll.
Paradeschritt, Marschmusik, Schwarz-Rot-Gold im Wind
und platteste Sprüche parat für Opfer, die blind.
Allel vier Jahre als Kreuzchen brav, vordemoskopiert,
ihr Stimmen in Urnen begraben, demokratisch kaschiert.

Alte Männer, unerbittlich nette alte Männer – pathetisch, fett und satt.
Alte Männer, aus dem Ei gepellte alte Männer – aalglatt.

Schauspieler, die im Schmierentheater durchfielen – mangels Talenten
– konfus mit Erdteilen jonglieren, in Rollen von Staatspräsidenten.
Wie Affen, die mit geladenen Pistolen neugierig hantieren,
dürfen Viersterne-Clowns ihre Raketen wie Spielzeug im All stationieren.
Das hier ist kein Land mehr, wo beim Barbier Portraits an der Wand,
von Despoten, die auch in Schulklassen Logenplätze haben,
doch immer noch eins, wo anbiedernste Böcke Gärtner sind,
auch wenn sie vierzig Jahre blöken, dass das lange nicht mehr stimmt.

Alte Männer, unerbittlich nette alte Männer – pathetisch, fett und satt.
Alte Männer, aus dem Ei gepellte alte Männer – aalglatt.