-Probe
Ein Bericht von Sascha Ihl
Hier sitz ich nun auf dieser
Parkbank, es ist Montag, der 30.8.99 kurz nach halb Vier. Immerhin hab ich noch ein paar
Stunden Zeit, bis es losgehen soll. Wo bin ich hier eigentlich? Diese Frage ist leicht zu
beantworten: ca. 200m unterhalb des Hauses, in dem eine bekannte deutsche Rockgruppe heute
Abend eine nicht ganz alltägliche Probe veranstalten will. Und wie ich hierher komme?
Egal, auf jeden Fall bin ich da, von mir aus nennt es "Zofall un e janz klei bessje
Glöck".
Ich bin so gespannt auf diesen Abend wie kaum zuvor. Heute beginnt sie also live, die
Nach-Major-( und Nach-Effendi- und Nach-Fonz-, das sei auf keinen Fall vergessen) Ära,
das sogenannte III. Kapitel. Hier ist alles sehr locker, um sechs Uhr sind vielleicht
30-40 Leute hier, denn natürlich ist diese Aktion strengstens geheim (Auch Chrischi darf
auf keinen Fall vorher darüber berichten!!!). Es fehlt eigentlich nur noch das Büffet,
dann würde man meinen, man ist auf Papas 50. Geburtstag, und der hat zur Feier des
Tages auch ne Band engagiert.
Um Sieben sind dann maximal 100 Leute da, der Raum ist vielleicht zu 2/3 gefüllt, und
kurz darauf kann die Party beginnen. Schade ist eigentlich nur, daß relativ wenige mir
bekannte Gesichter zu sehen sind. Aber die für mich wichtigsten sind da (Gruß an
alle!!!).
Zunächst wird uns noch mal verkündet, daß sich das hier um kein Konzert, sondern
eine Probe handelt, Fehler seien erlaubt.
Zum Programm will ich eigentlich nicht viel sagen, denn es gibt einige Überraschungen,
die ich niemanden verderben will. Natürlich hören wir den kompletten Tonfilm, aber auch
sonst hat das, was uns da auf die Ohren kommt, wenig mit den letzten BAP-Tourneen zu tun.
Man kann es aber auch einfach nur mit einem Wort ausdrücken: G E I L !!!
Wir hören über drei Stunden Rockmusik vom Allerfeinsten - sauber, druckvoll,
schnörkellos und einfach schön. Es fehlt auch nicht der ein oder andere Loop. Helmut
Krumminga weiß sogar, dass man eine Gitarre auch elektrisch verstärken kann; der ein
oder andere Zeitungsredakteur, war sich dessen wohl nicht so sicher bei den Artikeln in
letzter Zeit!
Einer der absoluten Highlights: "Ruut, wieß, blau...". Die neue Version bringt
sogar das müdeste Bein zum Wippen. Irgendwie fühlt man sich wie in einer Zeitmaschine,
man fliegt direkt zurück in die Zukunft. "Back to the Roots", ein viel
strapazierter Satz. Trotzdem stimmt es. Gleichzeitig aber mindestens zwei Schritte nach
vorn. Was da an unsere Ohren kommt, klingt erwachsen, reif.
Es ist nicht weiter verwunderlich, dass auch Robert Zimmermann zu Wort kommt - sogar im
Original. Und während Sheryl wieder singt wie die "Queen of the World", steht
der Meister leicht abseits und singt leise mit, tief versunken, und man sieht ihn voll
konzentriert diesen Zeilen lauschen, die ihm vermutlich ebenso viel bedeuten wie das, was
aus seiner Feder und seinem Mund stammt, vielen Fans: "But I was so much older then,
Im younger than that now."
Mit einem Abschluss, der überraschender nicht sein kann, geht die Probe gegen halb Zwölf
zu Ende. Fast ein bisschen entschuldigend sagt Wolfgang das letzte Lied an, kurz darauf
ist es vorbei. Nach kurzem Plausch, aufschlussreich, aber nicht für andere Ohren
bestimmt, gings dann nachhause.
Die, die nicht dabei waren, hatten mit Einem wirklich Glück (und das soll sicher kein
schlechter Trost sein, sondern entspricht voll der Wahrheit): Freut Euch, denn ihr wisst
noch nicht genau, was kommt. Alle, die dabei waren, stehen zwei verdammt harte Wochen
bevor, bis sie den Tonfilm in Händen halten können. Sie wissen schon, auf was sie sich
freuen dürfen!