"Ich sitze also in diesem Bungalow auf den Philippinen auf der Insel Boracay und es regnet an einem Stück. Alles ist eigentlich wunderbar. Ich liege in der Hängematte rum, lese dieses Buch von Bodo Kirchhoff "Infanta", welches auch auf den Philippinen spielt. Ich habe mich nach einer Woche so richtig eingegroovt und fühle mich gut. Denke: Aha, diese Situation wolltest du und gehe dann an meinen Koffer, wo die Kassetten drin sind, die Major und Effendi mir – Jürgen Zöller auch – paar Musiken drauf aufgenommen hatten, zu denen ich vielleicht etwas schreiben könnte. Lege die erste Kassette ein und denke, das paßt zur Atmosphäre hier.- Und in dem Moment, wo ich denke, damit könntest du etwas anfangen, mit der Nummer, kommt ein kleiner schwarzer Hund vorbei an der Terrasse. Denke mir, der paßt auch klasse und fange schon mal an mit dem kleinen schwarzen Hund. Das ist die erste Zeile in dem Stück "Die Sichel vum Mohnd". Das Stück, was auf dieser Terrasse spielt mit dem Buch im Hinterkopf von Bodo Kirchhoff, wo einer, der sich einfach treiben läßt, ein unglaubliches "Schwein" hat, und man weiß nicht, wie das ausgeht. Wird der am Ende noch belohnt für seine Trägheit, für sein "Treiben lassen"? Jedenfalls, es fängt an mit dem kleinen Hund: Der schwarze Hund, eine Hängematte und ein Buch. Und es wächst dann. Tina ging schon mal schlafen. Ich bin die ganze Nacht über da gesessen, und sie wurde dann wirklich beendet, diese Schreibsession, dadurch, daß der Generator in’s Stottern kommt und das Licht ausgeht. Ich muß somit auch schlafen. Stück zu Ende. Fertig!"

Wolfgang Niedecken auf dem Video "BAP – Mit offenen Karten" aus dem Jahr 1993

Wie die Sichel vum Mohnd
Von der CD "Pik Sibbe", 1993

Ne schwarze Hungk, en Hängematt un 'e Booch, et räänt en 't Meer, als kräät et nie jenooch, Petroljumfunzel dös' leis für sich hin. Woor dat Wind? Manila 's wigg, Europa bloß noch 'e Woot, Deutschland ess janix... nie jet vun jehoot. Ne Gecko laach un irjendjet rüsch verbrannt. Wat 'e Land! En mingem Booch dä driev vüür sich hin. Weed dä ahm Engk noch belohnt? Kann et sinn, das ich neidisch benn un scharf, wie die Sichel vum Mohnd? Sujet wie Brandung hührt mer leis, ävver kaum. Do sprichs em Schloof, ich koehm jähn vüür 'n dämm Draum. Dä Krämerlaade jäjenövver mäht zo, dann es Rauh. Wigg druss' ahm Horizont, sibbe, nä aach Fischerbootlampe, su wie jede Naach. En em Moskitonetz jefangene Fee ess schon he. Ne Hahn kräht heiser, baal ess et su wigg, weil sing Arena waat, die Sanduhr tick. Wie Noodelstech en schwazzem Samp funkle Stään: Hann dich jähn! Ich lääsch dat Booch fott, weil ich nix mieh kapier. Drieve jelosse weed sich, phantasiert. Der Jenerator stottert, sump, un weed still, still, still!

Wie die Sichel vom Mond
Übersetzt von Chrischi 1998

Ein schwarzer Hund, eine Hängematte und ein Buch. Es regnet in das Meer, als kriegte es nie genug. Petroliumfunzel döst leise vor sich hin. War das Wind? Manila ist weit, Europa bloß noch ein Wort. Deutschland ist gar nichts ... nie etwas von gehört. Ein Gecko lacht und irgend etwas riecht verbrannt. Was ein Land! In meinem Buch, der treibt vor sich hin. Wird der am Ende noch belohnt? Kann es sein, daß ich neidisch bin und scharf wie die Sichel vom Mond? So etwas wie Brandung hört man leise, aber kaum. Du sprichst im Schlaf – ich käme gerne vor in dem Traum. Der Krämerladen gegenüber macht zu – dann ist Ruhe. Weit draußen am Horizont: Sieben, nein, acht Fischerbootlampen, so wie jede Nacht. Eine, im Moskitonetz gefangene Fee ist schon hier. Ein Hahn kräht heiser - bald ist es soweit, weil seine Arena wartet – die Sanduhr tickt. Wie Nadelstiche in schwarzem Samt funkeln Sterne. Habe dich gerne!! Ich lege das Buch fort, weil ich nichts mehr kapiere. "Treibengelassen" wird sich, phantasiert. Der Generator stottert, summt und wird still.