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Dormagen-Knechtsteden, 4. November 2001

Ein Bericht von Achim Kaemmerer

Nit irjenden Rock‘n‘Roll-Band...

„Zur Messe oder zum Konzert?“, fragt uns der Parklotse. Wie – zur Messe? Ach ja! Das Norbert-Gymnasium Dormagen ist ja an das Kloster Knechtsteden angeschlossen. Und ironischerweise spielt hier heute abend die Band, deren Frontmann einst behauptete, dat et Bedde sich nit lohne däät... O.K., genug der Theorie: Wir wollen natürlich zum Konzert! Haben ja auch lange genug darauf gewartet.
Wir sind jetzt schon begeistert: Was für eine Organisation! Geradezu professionell lenkt uns das Schüler-Team auf einen sicheren Parkplatz, kontrolliert freundlich unsere Tickets (nit so wie die krüddeliche Kartenaffrießer en der Sporthall), und sorgt für einen reibungslosen Ablauf. Ach, hätten wir doch damals auch mal so einen Job übernehmen dürfen...
Jetzt wird nicht lange sinniert, schließlich haben wir wichtigeres zu tun. Und darauf müssen wir nicht mal eine Stunde lang ausharren: Das Licht geht aus, alles jubelt und wahrlich stehen die sibbe Jestalte op dä Bühn. Ich hab mich ja auf so manchen Opener gefasst gemacht, aber das hätte ich nicht erwartet: Etwas irritiert, aber auch komplett verzöck nehme ich die ersten Zeilen des Klassikers „Wellenreiter“ wahr, den ich schon lange nicht mehr live gehört habe. Direkt danach ist einmal tiefes Durchatmen gefordert, denn wir bekommen es offiziell mitgeteilt: „Hück ess unsre Band en d‘r Stadt“ – und nicht mehr opzehahle.
O.K., der Sound ist in der kleinen Aula ein wenig mumpfig, und der Gesang des Maitre Wolfjang kommt nicht immer gegen die knarrende Juitar des Helmut K. an (im Gegensatz zu Sheryl H.). Doch das macht nix, das Publikum packt schon mit an. Und wie: Bei Songs wie „Ne schöne Jrooß“ oder dem neuen Kulthit „Aff un zo“ hat man manchmal das Gefühl, dass die Decke gleich fliegen geht. Aber das gehört ja schließlich zum guten Ton.
Es geht Schlag auf Schlag weiter, und das bunt gemischt aus alten, mittelalt(erlich)en und neuen Repertoire-Auszügen: „Nemm mich met“, „Souvenirs“, „Kristallnaach“, „Nix wie bessher“, „Widderlich“ und und und... Ständig testet Wolfgang unsere Textfestigkeit, vor allem bei den aktuellen Stücken, wie „Eddie‘s Radio Show“. Hier erweist sich weniger die Prosa, sondern viel eher das Luftholen als Problem. Dazu hat man eher bei den gemächlicheren Passagen Gelegenheit: „Istanbul“ oder „Amerika“, auch wenn einem bei Zeilen wie „Do woot kein einzje Stadt je vun ner Bomb bedroot“ schon ein kühles Kribbeln über den Rücken läuft. Wir halten es aber durchaus für angemessen, den Sinn dieses Epos nicht durch eine Textänderung zu verfälschen.
Mit weitschweifigen Geschichten hält sich Wolfgang diesmal etwas zurück. Doch wenn mal eine Anekdote zum Zuge kommt, dann stellt sie sich als Überraschungsangriff auf die Lachmuskeln heraus. Zum Beispiel: Das Fettnäpfchen bei einem Auftritt im Knast – Verzeihung: in einer Justiz-Vollzugsanstalt. „Die waren schon gar nicht begeistert, weil die den ganzen Schrott hoch tragen mussten“, so der Sänger. Die Krönung war aber der Song „Psycho-Rodeo“ mit seinen für diese Umgebung brisanten Zeilen: „Wo simmer he... Wat hammer he en dämm Loch verloore... Saach, wat donn die Lück he, hann die kein Zohuss... etc“.
Dieses Publikum hier ist wesentlich dankbarer, vor allem im Zugaben-Teil, wo es nur noch Hits regnet: „Verdamp lang her“, „Diss Naach ess alles drin“ oder „Maat et joot“.
Über drei Stunden sind auf einmal vorbei – unfassbar, wie die Zick wegläuf. Die ersten gehen auch schon – warum nur? Egal, haben wir mehr Platz för affzerocke, zum Beispiel bei „Irjenden Rock‘n‘Roll-Band“, „Wahnsinn“ (mit „Hang on Sloopy“- und „Twist and Shout“-Anhängsel) oder dem „Waschsalon“, in dem Meute beinahe ein Schleudertrauma erleidet.
Mit zwei besinnlicheren Stücken entlässt uns die Bänd aus einem grandiosen Programm: „Dir allein“ mit Sheryls Wunderkehle als Sahnehäubchen und „Für ´ne Moment“, was ich persönlich als Fußball-Ignorant viel schöner finde als die „Eff-Ce“-Version (obwohl auch an diesem Abend wieder zahlreiche rote Schals durch die Lüfte schweben).
Ussjelutsch, fix un fäädisch verlassen wir die „Halle“. Natürlich hätten wir uns noch mehr Everjreens wie „Frau, ich freu mich“ oder „Jraaduss“ gewünscht. Es tröstet aber die Erkenntnis: Diese Sibbe Jestalte können einfach kein schlechtes Konzert geben.

Ein Bericht von Klaus Zeller

Nach 2 Konzerten in tiefster Provinz wurde die Tour in etwas städtischer Umgebung fortgesetzt, was sich dann auch gleich in einem etwas anderen Publikum bemerkbar machte. Die Leute waren lange nicht so redselig, dafür aber auch umso Party-fester als in Lissendorf. Das Aula-typische Ambiente (mehr breit als tief) füllte sich recht schnell und gut und irgendwie lag auch von Anfang an "Elektrizität" in der Luft, was sich auch gleich auf die Band übertrug, mit deutlich mehr Schwung und Elan legten sie los. Obwohl die Setliste bis auf "Leopardefellhoot" dieselbe wie Tags zuvor war, wirkte das Ganze doch nochmal homogener. Insgesamt war wiedermal feststellbar, dass speziell diese Band doch etwas Anlaufzeit benötigt. Die Songs vom ersten Abend in Lissendorf waren zwar ohne Zweifel genial, nur fehlte einfach der Bogen. Dies wurde schon am zweiten Abend erfolgreich behoben, nur mangelte es da einfach auch noch am Publikum.
Sehr hervorzuheben war auch der hervorragende Sound (und das schon in der 1. Reihe), die Klagen vom Freitag von wegen in den ersten Reihen sei nichts zu verstehen haben Anklang gefunden, bereits am zweiten Abend wurden sogenannte Frontfills eingesetzt, entsprechende persönliche Ansagen konnten entfallen. Man (zumindest ich) konnte sich richtig schön im druckvollen Klang baden, und damit ist nicht nur Werners körperbetonter Bass-Sound gemeint.
Alles in Allem knapp 3 1/2 Stunden Konzertgenuss, bei dem ich wieder mal Blut geleckt habe und die 5 Stunden Heimfahrt einfach gemacht wurden.