-Fan-Tourtagebuch
Finnentrop,
30. November 2006
Festhalle
Ein Bericht und Fotos von Kai Hoffmann
„Im
Sauerland habe ich nicht wirklich das Gefühl, aus Köln raus zu sein. Das ist
keine Gegend, bei der ich mir Gedanken mache nach dem Motto: Oh Gott, wie kommen
wir jetzt mit der Mentalität klar?“, Wolfgang Niedecken kam zum Tourauftakt
am Donnerstagabend in Finnentrop mit dem Publikum bestens zurecht.
„Wo zum Teufel liegt Finnentrop? Ich dachte schon, wir müssten an die
Ostsee“, erzählte der Kultrocker von seinem ersten Blick auf den Tourplan.
Doch die Frage war für den Vollblutmusiker schnell geklärt: „Aus Finnentrop
kommen ja die Dicken Sauerländer. Meine Vater hatte früher ein
Lebensmittelgeschäft und alles was auf dem Dachboden zur Aufbewahrung landete,
wurde in ausgedienten Metten-Kartons gelagert“. Hoffentlich nehmen die
Zuschauer den Kölschrocker nicht beim Wort, bat er doch die über 1200 Besucher
in der proppenvollen Festhalle, ihm alle ausgedienten Metten-Kartons für seinen
Dachboden zu schicken.
Wolfgang Niedecken liebt die Nähe zu seinem Publikum und bat schon im Vorfeld,
dass sich die Ordnungskräfte im Bühnengraben möglichst unsichtbar machen
sollten. Er wollte nicht ständig irgendwelche Security-Leute vor seiner Nase
rumlaufen haben und suchte von
Beginn an den Kontakt zu seinen Fans. Und diese dankten es ihm mit frenetischem
Gesang. Obwohl die Musiker wie auch die Mehrheit des Publikums in den 30
BAP-Jahren langsam ergraut sind, ließen es die Jungs um den kölschen Frontmann
mächtig rocken. Michael Nass an den Keyboards, Werner Kopal am Bass, Helmut
Krumminga an der Gitarre und Jürgen Zöller am Schlagzeug zogen alle Register
ihres musikalischen Könnens. In dieser Besetzung spielt die Band seit 1999
zusammen.
Wolfgang Niedecken zeigte sich glänzend aufgelegt
und die Zuschauer spürten sofort, dass dort oben auf der Bühne Musiker
zu Werke gehen, die mächtig Spaß an ihrer Arbeit haben. Wolfgang Niedecken erzählte
zwischen den über 30 Stücken, die am Donnerstag auf der Setlist standen, immer
mal wieder Anekdoten aus der Band-Vergangenheit. Man kauft dem Mann einfach ab,
was er auf der Bühne zelebriert. Offen und frei raus, halt eine ehrliche Haut.
Beim Trip durch die Greatest-Hits der letzten drei Jahrzehnte fehlten natürlich
auch die Gassenhauer wie Verdamp lang her, Kristallnaach, Jraaduss, Schöne Jrooß
und der Müsli Män nicht. Der Saal tobte und zeigte sich für Nichtkölner
zumindest bei den Refrains sehr textsicher.
Zum Finale gab es dann auch noch „Hungry Hearts“ von Bruce Springsteen, mit
dem Niedecken seit elf Jahren eine tiefe Freundschaft verbindet. Als
Gastmusikerin war in Finnentrop auch Anne de Wolff, Geigerin der Gruppe
Rosenstolz, mit auf der Bühne. Nach über drei Stunden und unzähligen schweißgetränkten
Handtüchern entließ das rundum zufriedene Publikum die Band ins wohlverdiente
Hotelbett. Ein gelungener Tourneeauftakt mit einem klasse Sound, den die
Kulturgemeinde Finnentrop präsentiert hat.
Und
auch ein Andenken aus Finnentrop geht seit Donnerstag mit BAP auf Reisen. Den
„Altar“ mit allerlei Krimskrams aus der Bandgeschichte, um den sich die
Musiker vor jedem Auftritt versammeln und gemeinsam einen Grappa trinken, schmückt
jetzt auch ein Button und ein Aufkleber der Firma Metten. Und das, obwohl
Wolfgang Niedecken Vegetarier ist.