BAP-Logo-Fan-Tourtagebuch

Hamburg, 3.Mai'99

Ein Bericht von Florian Heße

Also, erstmal vorneweg: das Konzert hat riesigen Spaß gemacht, und ich habe die Sporthalle nach gut dreistündigem Konzert aufgeputscht verlassen.Allerdings kam das Konzert etwas langsam in Schwung. W.N. erzählte selber am Anfang, daß er und die anderen etwas müde wären nach 6 1/2 Stunden Busfahrt von Castrop-Rauxel nach Hamburg. Irgendwie merkte man das auch, und vor allem hatte man anfangs auch den Eindruck, daß das Publikum eine ebensolche Strapaze hinter sich hätte.  Die Stimmung war gut, sowohl bei der Band als auch beim Publikum, aber eben alles etwas gebremst. Nach ein paar Stücken hatte sich das aber gelegt, und alle im Saal und auf der Bühne waren aufgewacht (spätestens ab Ahnunfürsich>die Setlist ist ja inzwischen mehr als bekannt). Herausragend für mich das Doppelpack Bahnhofskino (tolle Showeffekte durch das Projezieren von Textfetzen auf die Leinwände)  und Sintflut. Als der Major danach das Bedde-Riff anspielte war nach meinem Eindruck der erste Höhepunkt des Konzertes erreicht. Witzig bei Nix wie...: neben einem Köln-Trikot flog auch ein rot-weißer Schal auf die Bühne, den W.N. erst nach einiger Zeit als Freiburg-Schal erkannte. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings schon sein Gesangseinsatz gekommen, so daß er sich eine Bemerkung dazu verkeifen mußte und den Schal nach zwei Strophen wieder ins Publikum zurückwarf. Sowieso nette Sache, daß sich das Lied zur Plattform für Fußballfans entwickelt hat (eine Frau signalisierte über ein T-Shirt ihre Zuneigung zu Pauli, was von W.N. prompt mit einem nach oben gesteckten Daumen beantwortet wurde). Ein Fußballgespräch zwischen Major und W.N. fand leider nicht statt. Fast schon kitschig ergreifend dann als Abschluß des kölschen Heimatkundeblocks Für ne Moment (Niedeckens Bezeichnung für das Quartett Bedde, Nix, Amerika und  Moment), riß aber mit.Witzige Einlage von Effendi hinterher, der als Hauptkomponist des Liedes gefeiert wurde und seine Faxen mit dem Publikum machte.  Nächste Highlights: das schon oft gerühmte Major-Solo bei Sonndaachmorje und das unglaublich druckvolle Du kapiers et nit (da hatte ich im Vorhinein ein paar Bedenken, ob das live so kommt, hätte ich aber überhaupt nicht  haben müssen).  Am Ende von Kristallnaach ein grandioser Übergang zu Denn mir. Danach das Doppelpack Verdamp und Frau.
Die kleine Pause bis zur ersten Zugabe war dann nicht unerwünscht, um wieder zu Luft zu kommen. Der erste Zugabenblock war dann für mich die Enttäuschung des Konzerts.
Sheryl singt toll bei Heroes, aber irgendwie dämpfte das Lied die Stimmung (und das nach meinem Eindruck im ganzen Saal). Irgendwie komisch war dann auch Nemm mich met danach. Der Major betätigte sich zwar am Anfang des Liedes als grandioser Einpeitscher, aber irgendwie lag es weniger am Publikum als an der Band, das das Lied in die Hose ging. Ich kann es schwer beschreiben, aber dem Lied fehlte die Portion Ungeschliffenheit, die es für mich so fantastisch machte. Es kam mir zu langsam und zu perfekt durcharrangiert vor (das ging mir aber bei der Amerika-Tour schon genauso). So kam es nicht von ungefähr, daß W.N.zwischendurch mal fragte, ob das Publikum überhaupt noch da sei. Dieses Stimmungstief müssen sich die Jungs aber meiner Meinung nach echt selber ankreiden. Trotzdem wurde die nächste Zugabe frenetisch gefordert: tolle Version von Helfe mit einem noch tolleren Major -Solo (schön auch ,daß die beiden deutschen Glimmer Twins am Anfang des Liedes eine Weile  alleine auf der Bühne waren). Wahnsinn ging gewohnheitsmäßig gut ab, verspottet wurde diesmal die Leopardenfellweste von Jens. Pause. Starker Anfang des dritten Zugabenblocks mit Jraaduss. Dann Alexandra - stimmungsmäßig ein weiterer Höhepunkt. Das Duell zwischen Major und Sheryl traf nicht so ganz meinen Geschmack, das kam irgendwie zu einstudiert rüber und roch nach großer Showbühne - das paßt irgendwie für mich nicht zu Bap.  Das hat überhaupt nichts mit Sheryl zu tun, deren Stimme beeindruckend ist. Aber solche Stimmakrobatik kennt man von Phil Collins oder den Rolling Stones - dort gibt es dann auch solche Mätzchen zwischen Backgroundsängerin und Star........aber bei
Bap ?  Wahrscheinlich fällt meine Bewertung auch umso ungnädiger aus, weil ich mich gerade bei Alexandra noch einmal auf einen entfesselten Major gefreut hatte - und dann kommen solche einstudierten Neckereien.
Ok, am Ende trotzdem nur noch Begeisterung im Saal. Getopt dann noch von Waschsalon, wo sich dann wohl endlich auch der Letzte auf den Rängen von seinem Sitz erhoben hatte. Schöner Abschluß mit Paar daach und dann glücklich nach Hause.
Bap ´99 sind toll, gefielen mir eigentlich im Rückblick auch besser als auf der Amerika-Tour, weil die Musik jetzt druckvoller rüberkommt. Gerade in der musikalischen Perfektion liegen aber auch Probleme, die sich zum Beispiel bei Nemm mech met offenbarten, die Perfektion läuft Gefahr, die Emotionalität der Songs zuzuschütten. Naja,  ich bin jetzt am Planen, welches der Open-airs ich denn noch besuchen kann, denn trotz aller kritischen Anmerkungen hat das Konzert wieder absolut süchtig auf mehr gemacht. W.N. hat ja in einem Interview vor der Tour erzählt, daß angedacht wird, eins der OpenAirs für den Rockpalast mitzuschneiden, hoffentlich wird das was...........
Noch was zum Major: Ich glaube, man ist versucht, sich eine Menge einzubilden, weil man natürlich ganz besonders auf ihn achtet. Auch mir kam er aber etwas vom Rest der Gruppe isoliert vor.Das gab sich dann erst gegen Ende des Gigs, wo er dann sogar mal mit Jens zusamen abrockte.Ansonsten ließ er sich lieber alleine feiern und wirkte etwas introvertiert. Auf jeden Fall wird es komisch sein, Bap ohne ihn  zu erleben, wenn man sich vorstellt, daß Jens oder Helmuit Krumminga dann die aufpeitschenden Riffs von Bedde, Nemm oder auch Verdamp spielen - das wird gewöhnungsbedürftig

Ein Bericht von Lutz Flemming

Schön, wenn man früh genug da ist. Ab einem gewissen Alter - mit der drei vor dem Komma - sitzt man eben gern, zumal man sich auf über drei Stunden einstellen muß. Netterweise sitzt eine junge Dame aus Köln (unüberhörbar) neben mir, die es beruflich in die BAP-Diaspora verschlagen hat (Schönen Gruß, falls sie es lesen sollte). So habe ich ein aktuelleres "So-ist-es-bei-BAP-in-Köln-Barometer" neben mir. Und der wird langsam angst und bang. "Kurz vor Acht" ist es gleich und die Tribüne ist rappeldicke voll, nur der Innenraum nicht. DAS kann ja nichts werden. Zehn nach Acht, Licht geht aus und Godzilla(?) an. Der Innenraum füllt sich sekundenschnell. Neben mir ist jemand beruhigt. Die erstenTakte, der Vorhang fällt. Der Sound ist etwas schräg. Jens' Saxophonsolo ist nur zu sehen; für mich zumindest. Beim Sporthallenlied schwimmt der Bass noch halbhoch durch die Halle und das Schlagzeug ist sonstwo. Dafür spielt der Maler ein sauberes Mundharmonikasolo! Hätt' ich nicht gedacht. "Der schöne Gruß" kommt nun insbesondere von Herrn Wollrath, denn jetzt steht der Sound. Prima. Mit einem Mal bemerke ich, daß BAP einen NEUEN Schlagzeuger hat! Heute trommelt "Wielandt, der Schmied". Und der spielt den Rest der Combo irgendwie an die Wand. Fills und Breaks, wo nie welche waren, das ganze Konzert über. Das war allein schon das Eintrittsgeld wert. Bei "Lena" passiert das, was wohl immer bei neuen Stücken passiert, egal ob BAP oder Clapton oder Dire Straits, das Publikum übt sich in etwas verhalteneren Reaktionen. Das Krimi-Lied hat es da etwas leichter und auf der Bühne scheint man zu realisieren, daß jetzt Fighterqualitäten gefragt sind und agiert entsprechend. Der Maler geizt nicht mit faxigen Ansagen: "...Sie ist drei Jahre alt und man legt sich besser nicht mit ihr an... ", bezogen auf's Motorradlied. Das Zauberlied wird durch Jens' Sopransaxophon aufgewertet. "Bahnhofskino" gefiel  mir mit akustischer Gitarre zwar besser, aber schön, daß es überhaupt wieder gebracht wird. Auffällig, wieviel Gitarre der Maler wieder spielt. Herr Heuser steht mir persönlich etwas zu divenhaft 'rum, während Jens und Werner kurz davor sind den Rückwärtssalto von Nils Lofgren hinzukriegen. Vielleicht hätte man auf der Bühne, die etwas von einem Eisbärengehege hat, ein Trampolin integrieren sollen? Beim Gebetslied geht zum ersten Mal richtig die Post ab, wobei Herr Heuser, ähnlich wie Kollege Knopfler bei der "englischen Version" von "Massenhaft Kohle", erst zwei Takte anspielt und dann auf Reaktionen wartet. Nach dem Stück stellt sich mir die Frage, ob nun ein neues Schlagzeug aufgebaut werden muß? Herr Zöller müßte eigentlich Böller heißen. Ein Wort zu Sheryl Hacket: Meines Erachtens kommt sie die ganze Zeit, wenn auch nicht offensichtlich, geradezu hervorragend zur Geltung, was heißt, der Gesang steht und wirkt, wie bei der 91er Tour professionell. Auch wenn viele BAP "pur" vorziehen,   Backroundpartien, die auf der Platte sehr anspruchsvoll sind, brechen live nicht mehr ein und das finde ich gut so. "Amerika" ist dafür ein Beispiel. Herr Büchel hat nach dem "Damals-im-Proberaum-Lied" Gelegenheit zu testen, ob man die zurückhaltenden Norddeutschen jetzt an der Angel hat und kraxelt, wohl mit einem positiven Ergebnis, wieder hinter seine Tasten. Zum Gitarrensolo des Knastliedes ist ausführlich geschrieben worden ... "Du kapierst es nicht" geht eine Ansage voraus, die sich auf einen Artikel vom gleichen Tag in der "Hamburger Morgenpost" (http://database.mopo.de) bezieht, der m. E. dumpf, plump und beleidigend ist und nach populistischer Schublade stinkt. O-Ton: "Das nächste  Lied ist dem Hamburger Musikjournalisten Arne Arschloch gewidmet!" Stimmt! "Kristallnacht" leitet der Maler mit der Erklärung ein, daß man zwar immer gesagt hätte, "Nie wieder Krieg, aber auch Nie wieder Ausschwitz". Während der letzten drei Stücke erreicht die Stimmung ihren Höhepunkt. Danach baut sich die Combo vorne auf und der Maler greift sich den Schlagzeuger, schiebt ihn vor und ich denk' ich wunder' mich. "Es trommelte für Sie: Der totkranke Jürgen Zöller!" Wie bitte? Schade für jede  Gesundheitssendung mit Frau Dr. Schäffer-Kühnemann. Unter dem Motto: "Trommeln - wie verrückt - gegen Grippe oder so", hätte das Magazin nie gekannte Einschaltquoten gehabt! Nachden ersten von Frau Hacket gesungenen Tönen während "Heroes", fallen mir die Berichte aus dem China-Buch über die dortigen Reaktionen auf die damaligen Backround-Sängerinnen ein. Der Beifall kommt in geballter Form, so als hätte keiner mit soviel Sangeskunst gerechnet. Das zweite Zugabenset leitet der Maler mit "Ihr habt die Chance zum Abhauen vertan" ein und fragt bei Herrn Heuser, der mit einem Blues beginnt, an, ob er den "Fritten-Blues" spielen will. Den hätt' ich gern mal gehört. Bei "Wahnsinn" rockt man gemeinsam und Herr Heuser legt sein Divadasein ab. Beim folgenden Abgang von der Bühne gehen die Herren Büchel und Heuser nach links und der Rest nach rechts. Man glaubt so langsam die Absicht zu erkennen. Die Wege trennen sich. "Alexandra" kommt mir so "einstudiert" nicht vor. Als das Wechselspiel zwischen Gitarre und Stimme beginnen soll, dreht Herr Heuser sich um, da von oben nichts
kommt, stattdessen fordert sie ihn auf zu ihr zu kommen. Er will erst nicht, trabt dann aber doch an. Es entwickelt sich das erwartete Wechselspiel und egal, ob es so etwas schon vorher bei anderen gab, die Frau ist eine Klasse für sich und wird entsprechend bejubelt. Vielleicht hat es mir auch deshalb so gefallen, da ich selbst mit Gitarristen gespielt habe, die bei aller vorhandener Kunst und Talent zur  "Gitarrren-Wichserei" neigten (Als Verleich sei auf das 86er Rockpalast-Konzert hingewiesen, aber es ist, zugegeben, eine Nichtgitarristen-Sicht). Am Ende stellt der Maler die Kapelle noch mal einzeln vor und Axel läßt es sich nicht nehmen selbiges mit ihm zu tun, wobei er von Jürgen entsprechende Schlagwörter, wie "Elfenbeinstimmchen", zugeflüstert bekommt. Abschließend ist zu sagen, daß die drei Auswärtspunkte (Zöller'sche Formulierung während eines Oldenburg-Konzertes) ganz bestimmt reingeholt wurden. Danke für DAS Konzert!
Wenn einige vorher geschrieben haben, was sie sich bei bzw. von BAP erwarten oder   wünschen, von wegen Professionalität und dergleichen, fällt mir diesbezüglich nach  17 Jahren BAP am ehesten ein, daß ich mal sicher auf einen divenhaft herumstehenden Gitarristen verzichten kann, Täuschung nicht ausgeschlossen!