-Fan-Tourtagebuch
Hamburg, 19. November 2001
Ein Bericht von Christoph Heintze
Ich werde alt.
Zwar wurde in den letzten Jahren die Anzahl der Bap-Lieder stark erhöht, doch hätte
ich dementsprechend ja auch mehr Zeit gehabt, die Texte endlich mal zu lernen.
Doch leider, es gelang mir nicht.
Glücklicherweise stellte sich das Phänomen des Altwerdens nur bei mir ein,
nicht jedoch bei der Band und erstaunlicherweise auch nicht beim Hamburger
Publikum. Kurz gesagt: es war ein genialer Abend! Vom Beginn weg rockten Bap und
damit auch die ganze Halle. Wolfgang war gut drauf (er zeigt es ja leider nur
„aff un zo“, meistens steht er todernst auf der Bühne), Helmut spielte,
nein, rockte exorbitant gut und dazwischen fielen Jens’ Saxofonsoli vom
Himmel. Während der ersten Stücke ging bedauerlicherweise nur das Keyboard
mangels Lautstärke etwas unter, was vielleicht auch an meiner geringeren Körperstatur
liegt, größere Leute konnten wahrscheinlich besser hören.
Wie zuvor schon gelesen, ging der Abend mit dem Wellenreiter los, gefolgt von
einem meiner Lieblingslieder, welches ich in dieser Situation richtig rausbrüllen
durfte: Hück war ming Band in der Stadt, übrigens schön übergeleitet in
„Let’s spend the night together“, gesungen von Sheryl. So ganz genau kann
ich mich natürlich nicht mehr an die Reihenfolge erinnern, aber es ging weiter
mit der „Radioshow“, dem „schönen Jrooß“ und „Wat e Johr“.
Und immer noch und immer wieder ging es nur nach vorn. Das war Rock. Getragen in
erster Linie von Helmut (meine Meinung). Der Mann weiß nicht nur, was eine
Gitarre ist, sondern schaffte es auch mühelos, das schwere Erbe Majors
anzutreten: dort, wo die alten Riffs und Melodien immer noch gut waren, spielte
er sie auch so, ansonsten machte er sein eigenes Ding daraus und überzeugte.
Während des ersten sutjen Blocks (hamburgisch für: gemach, gemütlich) hatte
ich den Eindruck, dass die Stimmung ein wenig einbrach, allerdings war mir
selbst auch nicht so nach grölen zumute, da „Bahnhofskino“ mit dem Bezug
zur jüngeren Vergangenheit in ein anderes Licht gerückt war. Danach dann
„Amerika“ (nun endlich mit hörbarer Lesley-Hammondorgel) und etwas
„Mayday“, welches für mich etwas mau rüber kam.
Zwei Höhepunkte im weiteren Verlauf: der Titelsong des Films „Vill
passiert“, der in einem wunderhübschen Doppelsolo von Helmut und Jens
(zwischendurch mal an der Mundharmonika) endete, und „Alexandra“, wobei es
im Volk richtig abging.
„Verdamp lang her“, „Die Moritat“, „Denn mer sinn widder wer“ (in
neuem Gewand), und all die anderen großen Klassiker, immer wieder eingeleitet
und moderiert von Wolfgang (inklusive der Knaststory zu „Psycho-Rodeo“),
bildeten keinen Rahmen, sondern den Inhalt eines wunderschönen Abends, an dem
ich mir endlich meine wohlverdiente Bap-Dosis abholen durfte.
Eine knappe Woche vor dem anderen Auswärtsspiel des 1. FC Köln beim FC St.
Pauli gingen bei diesem ersten Auswärtsspiel der Kölner in Hamburg die drei
Punkte ganz klar an die Truppe vom Rhein, allerdings hatte das heimische
Publikum auch stark mitgeholfen.
P.S.: Das Konzert ist jetzt
drei Stunden her, und ich habe immer noch ein Piepen auf dem Ohr – so muss es
sein!
Ein Bericht von Jörn Stußnat
Ich kann dem
Bericht von Christoph im Grossen und Ganzen nur zustimmen. Die Trilogie
"Bahnhofskino", "Amerika", "Mayday" war zunächst
ergreifend, wobei ich "Mayday" zu oberflächlich fand.
Ich gehöre nun zu den Leuten, welche die neue CD nicht besitzen, will hier aber
keine Major-Diskussion anzetteln. Ich finde die neuen Stücke teilweise zu
belanglos. Ständig wird davon geträllert, wie die Band sich neu formiert und
irgendwo ein Schlagzeug aufbaut ("Wat e Johr", "Irjend en Rock n
Roll Band")oder wie es Wolfgang und seiner Sammelleidenschaft geht
("Souvenirs"). Es fehlt den neuen Stücken einfach an Biss, der Funke
wollte bei mir nicht überspringen. Dafür wurde ich aber durch genügend altes
Material entschädigt, fand es aber schade, dass am Ende nicht
"Jraaduss" gespielt wurde, sondern das
Dankeschöndassallebeibapmitgespielthaben-Lied.
Das fand ich teilweise ganz schön peinlich, wie ich überhaupt denke, dass BAP
nicht in die belanglose Familien-Rock-für-alle Ecke geraten.
War aber trotzdem ein schöner Abend!