BAP-Logo-Fan-Tourtagebuch

Karlsruhe, 14. März 2009
Europahalle

Fotos von ka-news

Ein Bericht und Fotos von Thomas Zimmer

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Fast wie ein Heimspiel - BAP in der Europahalle

Wolfgang Niedecken mag keine Mogelpa-ckungen. Wenn „Radio Pandora Tour“ auf dem Plakat steht, sollten die Fans in der Karls-ruher Europahalle keine zweite Greatest Hits Tour erwarten. Zehn Songs von den beiden Radio-Pandora Alben gibt es in dem 200 Mi-nuten langen Konzert, das mit dem gut geer-deten Titelsong beginnt und schon mit „Musik die nit stührt“ das Gesamtgefühl eines BAP-Konzertes auf den Punkt bringt: Hier schwitzt die ehrliche Haut. Niedecken singt wie Don Quichotte gegen das Radio an, das Stromgitar-ren für die Pest hält, und Helmut Krumminga liefert die Stromgitarre dazu. Frei von allen Guitar-Hero-Klischees (die er durchaus alle draufhätte), reduziert auf wüstentrockene, einprägsame Riffs, prägt sein Spiel den Sound der Band. Lange Soli sind eher selten, dafür schmückt er die Songs immer wieder mit ros-tigen, überraschenden Licks, auf die dann Keyboarder Michael Nass seine qualmenden Schweineorgel-Attacken setzten kann.
Die Songs von „Radio Pandora“ drehen sich ums Reisen, ums Unterwegssein. Quasi als Mottosong steht auch überm Konzert die Bal-lade „Songs sinn Dräume“. Frei nach Bob Dylan: Songs sind Träume, fremde Länder, die man immer schon bereisen wollte. Nicht immer sind es positive Reisererinnerungen: Niedecken erzählt von einem argentinischen Kriegerdenkmal für den sinnlosen Falkland-krieg, das ihn zu einem wütenden Song inspi-rierte. Auch musikalisch „Diego Paz wohr nüngzehn“, schon in der Studiofassung wie eine Kreuzung zwischen texanischer Bartgi-tarristenkunst und britisch-klassischer Hard-rockschule, gewinnt hier noch mal die Dimen-sion des entfesselten Jammens hinzu, und die Publikumsreaktion sagt eindeutig: Das, meine Herren, solltet ihr öfter und länger tun
In diesen Zyklus passt auch das lange nicht mehr gespielte „Sichel vom Mond“ und im weitesten Sinn auch die Wiederaufnahme des apokalyptischen „Bahnhofskino“ vom 84er Album „Zwesche Salzjebäck und Bier“, ein „Totentanz im Schatten der Bombe“, wie es „BAP-Geheimrat“ Oliver Kobold trefflich formulierte. Nicht mehr aktuell? Oh doch. Vor allem, weil das Licht am Ende des Tunnels, das nur „enn Panoramatepet“ ist, so beklem-mend in Musik umgesetzt wird. Die Show ist weniger auf Tempo und Steigerung angelegt, denn auf eine Rundreise durch die musikali-schen Ausdrucksmöglichkeiten der Band. Geigerin Anne de Wolff, auf dieser Tour Dau-ergast, ist Niedeckens Scarlet Rivera, die Frau, die mit ihrer Geige Dylans „Desire“-Album veredelte. Und de Wolff passt hervorragend zu den Songs, die kölsches Country Flair ver-sprühen wie „Rita mir zwei“ oder „Morje fröh doheim“. Einmal ist der Boss für fünf Minuten ganz alleine auf der Bühne, vor der Kulisse des Kölner Doms lässt er einen Proberaum im Jahr 1976 lebendig werden, voll mit Kippen und leeren Flaschen, erfüllt von dieser komi-schen Sprache Kölsch. Er grüßt seine Mitstrei-ter von damals, und als er seine aktuelle Band vorstellt, kriegt natürlich der Wahl-Karlsruher Jürgen Zöller, der „Neue“ seit 22 Jahren, den dicksten Applaus.
Der ausgedehnte Zugabenteil beginnt mit der eine donnernde Rockhymne („Wat für e’ Booch“),, die sich aus dem gelesenen Schluss von Jack Kerouacs „On The Road“ heraus-schält. „Millione Meile“, der eingekölschte Rory Gallagher Song hat nicht nur damit zu tun, dass Niedecken und der irische Gitarrist sich 1982 beim Rockpalast begegnet sind, sondern dokumentiert auch Seelenverwandt-schaft, die nicht angemaßt ist. Schließlich, nach drei Stunden und zehn Minuten, ist der Boden bereitet für diese drei Pianoakkorde, die im BAP-Konzert immer noch wie die Antwort auf alle Fragen zugleich klingen, ob-wohl der Text fast nur aus Fragen besteht: „Verdamp lang her“. „Ob ich jetzt do bin wo ich hinjewollt han? Natürlich: in Karlsruhe…“
 

Fotos von Thommy Kunz

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Fotos von Felicitas Ochotta-Grundmann

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Ein Bericht von Hans Georg-Krumm

BAP mit Radio Pandora endlich in Karlsruhe

Zunächst ungewohnte Klänge erklangen um 20 Uhr in der Karlsruher Europahalle: aus der PA ertönte Willy Ostermanns "Heimweh noh Kölle", auch bekannt als "Ich möch zo Foß noh Kölle jon". Doch dann forderte eine Stimme aus dem Off dazu auf, die Gäste aus der Stadt der heiligen 3 Könige zu begrüßen und mit dem Titelstück des aktuellen Studiodoppelalbums, "Hühr zo, Pandora", eröffneten BAP das Konzert.

Teil 2 der "Radio Pandora Tour" führte die 5 endlich nach Karlsruhe und gegenüber Teil 1 hat sich nicht nur das Intro geändert, sondern auch die Setlist, bzw. die Reihenfolge. Wie in Teil 1 aber spielten BAP zunächst 3 Songs von den Pandora Alben: auf "Hühr zo, Pandora" folgten "Musik, die nit stührt" und " Songs sinn Dräume", bevor dann mit "Nemm mich met" ein Klassiker für die "Laufkundschaft" geboten wurde. Die Stimmung in der (wenn auch durch Vorhänge verkleinerten) gut gefüllten Europahalle war von Anfang an gut, sowohl bei den neuen Stücken, als auch bei den alten. Viel aktuelles Material gab es zu hören, und bei den älteren Liedern wurde wie in Teil 1 auch Mut zu unbekannteren oder lange nicht gehörten Stücken bewiesen. So prangte beispielsweise die "Sichel vum Mohnd" vom "Pik Sibbe" Album endlich wieder am Firmament.

Zur guten Stimmung vor und auf der Bühne trug sicherlich auch bei, dass Anne de Wolff in Teil 2 der Tour BAP bei den Vocals und an der Geige/Bratsche verstärkt, sodass nach einem sehr rockigen Block mit " Rövver noh Tanger" und "Diego Paz wohr nüngzehn" ein eher Country/Folk-lastiger Block mit "Duude Bloome", "Rita, mir zwei" und "Mörje fröh doheim" folgen konnte. Wie wichtig Anne inzwischen für den Live Sound ist, bewies sie an der Bratsche bei "Bahnhofskino": für mich ist diese Version, die an diesem Abend präsentiert wurde, die ultimative und beste Version dieses Songs vom "Salzjebäck un Bier" Album. Weitere Highlights waren für mich eine grandiose akustische Version von "Wat usser Rock´n Roll", "Noh Gulu" sowie das von Wolfgang Niedecken zunächst solo vorgetragene "Für ´ne Moment", bei dem im zweiten Teil der Rest der Band nur für die Vocals auf die Bühne kam. Sehr schön auch die Projektionen und Bilder zu den einzelnen Songs: im Gegensatz zu Teil 1 der Tour wur den diesmal auch Live-Sequenzen der Show selbst verwendet.

Abwechslung war also Trumpf und sehr schnell waren 2 Stunden um und BAP verließen zum ersten Mal die Bühne, um dann den Zugabenblock so zu eröffnen, wie sie in Teil 1 der Tour die Konzerte zu eröffnen pflegten: eine Stimme aus dem Off liest aus Jack Kerouacs "On the Road" und BAP steigen mit "Wat für e' Booch" ein. Klar, die Klassiker durften nicht fehlen: "Do kanns zaubre" war zu hören und "Verdamp lang her", aber auch im Zugabenblock schafften es BAP, ohne auf Nummer sicher zu gehen, das Publikum zu begeistern. Statt ausschließlich auf "Greatest Hits" zu setzen, gab es mit der Rory Gallagher Coverversion von "Million Miles Away" auch unbekannteres Material zu hören. Sehr schön darin: ein Bass Solo von Werner Kopal. Mit "Für immer Jung", einer weiteren Coverversion (diesmal -klar- von Bob Dylan) ging dann das über 3 stündige Konzert zu Ende.

Ein Wort zum Sound:
Sensationell gut war dieser von Anfang an. Für mich war es ohne Übertreibung der beste Sound eines von mir besuchten BAP Konzerts überhaupt: jedes Instrument und die Vocals waren klar zu hören und die Gitarren waren auch bei den lauten, schnellen Stücken klar zu hören - das war in Teil 1 der Tour nicht immer so. Großes Lob!!!

Fazit: in meinen persönlichen BAP-Konzert-Charts ein klarer Top 5 Platz für dieses Konzert: hier stimmte alles: Stimmung (bei Band & Publikum), Sound, Setlist, Lightshow. Vor allem Gitarrist Helmut Krumminga spielte an diesem Abend überirdisch. "Wir kommen immer gerne nach Karlsruhe", bemerkte Wolfgang Niedecken am Ende - das merkte man!