-Fan-Tourtagebuch
Karlsruhe, 17. April 2011
Tollhaus
Fotos von Jens Lutte
Ein Bericht von Hans-Georg Krumm
Momentaufnahmen
Eine gute Idee ist das: statt einer normalen Lesung aus seiner Autobiographie
verfährt Wolfgang Niedecken so, wie er es auch mit Bob Dylans "Chronicles"
gehalten hat: einen Teil lesen, dann einen dazu passenden Song singen, dann
wieder lesen und so weiter. Doch bevor es kurz nach 19 Uhr im großen Saal des
Tollhauses damit los geht, betrat zunächst Co-Autor Oliver Kobold die Bühne und
kündigte sich augenzwinkernd als Vorwort an. "Man solle nur über Menschen
schreiben, die man mag" zitierte Oliver Kobold einen anderen Autor, und dies sei
für ihn in diesem Fall nun wirklich kein Problem gewesen. Schön beschrieb er,
wie als damals 12 Jähriger 1982 BAP in sein Leben trat und ihm das Lied "Hundertmohl"
vom ersten Live-Album damals und auch später Ansporn gewesen sei, zu schreiben.
Nach der Einleitung ging dann die Lesung los. Klar, dass man die über 500 Seiten
nicht an einem Abend komplett vortragen kann und so beschränkte sich Wolfgang
Niedecken auf Momentaufnahmen aus seinem Leben. Und wie im Buch geht er dabei
nicht chronologisch vor, sondern beginnt mit der Zeit, als er Kunst studierte
und er nebenbei mit ein paar Kumpels einmal die Woche musizierte. Passender Song
dazu natürlich "Helfe kann dir keiner", der erste Song in kölsch, den Niedecken
geschrieben hat. Weiter geht es mit einem Sprung zurück in die Kindheit
("Chippendale Desch") und dann findet man sich plötzlich bereits im Jahr 1987
wieder, als er mit den Komplizen das überaus erfolgreiche erste Solo-Album
veröffentlichte ("Maat et joot"). Und so geht es weiter bis ins heute, zu seinem
Engagement für ehemalige Kindersoldaten in Afrika ("Noh Gulu") und Songs vom
brandneuen BAP Album "Halv su wild" ("Verjess Babylon").
Die Mischung macht es meist, und die war bei Wolfgang Niedecken an diesem Abend
goldrichtig. Ernste Themen wechselten sich mit lustigen Anekdoten ab, wie zum
Beispiel der Geschichte über die Ameisen, die sich von den "lustigen Keksen" auf
dem Mischpult der zu einem Studio umgebauten alten Villa auf Mallorca angezogen
fühlten und hinterher Probleme haben, wieder zurück zu finden. Da musste auch
BAP Schlagzeuger Jürgen Zöller, der an diesem Abend auch im Publikum saß,
lauthals lachen - so laut, dass Niedecken in dann gleich begrüßte.
Philosophische Gedanken wechselten sich mit an Rock 'n' Roll Klischees grenzende
Stories über das Zerlegen, pardon- die Umgestaltung von Hotelzimmern ab.
Und so vergingen 3 Stunden wie im Flug, nichts desto trotz gab es noch Zugaben:
"Verdamp lang her" in einer schönen akustischen Fassung und ganz zum Schluss
dann das eingangs erwähnte "Hundertmohl". Niedecken kann gut erzählen und vor
allem: er hat etwas zu erzählen - sei es in seinen Songs, oder wie an diesem
Abend, mit "Für 'ne Moment", seiner Autobiographie.
Ein Bericht von Lili
Es passierte an einem sonnig warmen Sonntag, am
17. April 2011…
WN liest ,Für ‚ne Moment’ im tollen Haus in KA und das nicht nur ‚für ‚ne
Moment’ ..
Vor einiger Zeit schon hatte ich bei ‚Reservix’ ein Ticket für diese grandiose
Veranstaltung geordert und gar nicht bedacht dass ich just für diesen Tag
eigentlich einen Besuch des ‚Hexenmarktes’ in Idstein im Taunus (JW-Town
*grins*) geplant hatte, der nur alle 2 Jahre dort stattfindet und den ich bisher
immer sehr gern besuchte.
Also düste ich erst die A3 hoch und ging über den besagten Mittelaltermarkt,
besuchte noch das Grab meines Großvaters auf dem Friedhof dort, fuhr an ner
Tanke vorbei und machte mich dann, vorbei an einem schweren Unfall an der
Kreuzung ‚rauf auf die A5 und Bleifooß auf den Weg nach Karlsruhe.
Dank Navy hatte ich gleich wieder das ‚Tollhaus’ gefunden aber stellte abermals
mit Schrecken fest dass eine solch berühmtberüchtigte Eventstätte doch
eigentlich einen gebührend großen Parkplatz besitzen sollte aber es diesen nun
mal nach wie vor da nicht gab.
So schoben sich noch bis um kurz vor 19 h nach einer Parkgelegenheit suchenden
Blechlawinen durch die Schlachthaustrasse worunter auch ich mich befand. *grummel*
Endlich fand ich dann doch einen Stellplatz irgendwo in der Wallachei in der
Nähe einer Baustelle als ich von dieser Straße abbog und gesellte mein Auto zu
den anderen, bereits dort parkenden Autos.
Kurz danach stellte eine Frau sich mit ihrem neben mich.
Wir unterhielten uns kurz und sie eilte voraus zum Kulturzentrum wo ich sie aus
den Augen verlor.
Mein Platz war Parkett, rechts außen in Reihe 5 - oben von der Treppe her
gesehen.
Hastig stürzte ich - zum Glück noch bei Saallicht - hinunter um meinen Platz zu
suchen und - es kann gar unmöglich ein Zufall gewesen sein - fand diesen direkt
hinter der Frau, der ich gerade auf dem erdigen Parkplatz begegnet bin!
Wir kamen gleich wieder ins Gespräch und es stellte sich heraus dass sie keine
‚Unheilbaren’ war aber von Wolfgangs Person in den höchsten Tönen vor
Begeisterung sprach.
Dann - etwas zur Bühne hin sah ich vor mir einen Mann mit schulterlangem glatten
grauen Haar sitzen und dachte zuerst es sein ‚Hellmän’ (WN’s Freund, ‚Project
Rebound-Bestreiter’ und Jack Wolfskin - Boss) doch er war es nicht wie ich
später feststellen mußte.
Zuerst verkündete der Veranstalter dem Publikum und untersagte den miesen
Blitzlichtfotografen verständlicherweise solche Bilder zu schießen… wonach sich
aber nicht alle richteten.
Etwas nach 19 h, als bereits Wolfgangs Co-Autor und Literat Oliver Kobold als
‚Vorwort’ :-) die Bühne betrat und dieses auch auf der Bühne sprach kamen noch
immer einige Leute im Licht der Taschenlampen der Platzanweiser die Treppen
herab in den Saal geschlichen.
Oliver erntete gebührenden Applaus für sein ausführliche Rede und übergab das
Wort an Wolfgang Niedecken.
Wolfgang - sichtlich gut gelaunt - ganz in Jeans gekleidet und mit Cap (die 6
Jahrzehnte sieht man ihm wirklich nicht an) begrüßte das Auditorium und nahm an
seinem Lesepult bebrillt Platz.
Die laute Rummelplatzmucke von nebenan irritierte Wolfgang anfangs etwas aber
dann entführte er die Leute in seine faszinierende interessante Welt von damals
und heute.
Das Saallicht wurde abgedunkelt und alles lauschte mucksmäuschenstill Wolfgangs
ausdrucksstarker angenehmer und irgendwie sehr beruhigender Stimme. :-)
Ja, er ist ein Mann mit einer wahnsinnigen Ausstrahlung - er allein ist sowas
von präsent - dies hat man jetzt nur noch einmal mehr gemerkt obwohl er seine
Band nicht im Rücken hatte.
Nachdem er die erste Passage gelesen hatte und dafür heftig applaudiert wurde
griff er zur Gitarre und untermalte diese mit dem ersten dazugehörigen und Stück
‚Für 'ne Moment' aus seinem Repertoire an romantisch - rockigen Songs.
Während langen tosendem Applaus begab sich ‚WN us K’ wieder zu seinem Lesepult.
Als die ‚Silberlocke aus der Südstadt’ bei ‚Chippendale Desch’ das erstem Mal so
richtig in die Saiten haute und losrockte wäre ich am liebsten das erste Mal
schon von meinem Sitz aufgesprungen, hätte mitgeklatscht und mitgesungen.
Aber - Contenance war angesagt…schade.
Das Ganze hat mich mal wieder etwas an die ‚Sitztour’ erinnert. :-)
Er erzählte in witziger Weise von der Bestellung des ‚Bierkastens mit Öffner’ im
Nobelhotel und den berauschten Ameisen auf dem Mischpult, die durch ‚Cookies mit
lustigen Gesichtern’ ihre Orientierung verloren - der Bringer des Abends *wegwerf*
Später im Programm berichtete er ernsthaft melancholisch über die Kindersoldaten
von Gulu und sang das passende Lied dazu.
Nach den ersten 1,5 Stunden gab es eine 30-minütige Pause in der ich dann
endlich ein paar Leute unseres BAP-Fan-Rudels sichtete und ein paar neue
Gesichter mit bekannten Nicknames aus dem BAP-Fan-Bereich der Homepage kennen
lernte.
Lieben Gruß hier an Saanki und Ulli us Köln!
Natürlich auch an Jan Wölfer (‚Ersatzbank’), an Thomas Zimmer (Zett/
‚Ersatzbank’), an Celina, Mondsichel, Doris und logo unseren Ulli aus Leonberg
und wen ich bei dieser Aufzählung noch gesehen aber hier vergessen zu erwähnen
hab’(brandma - wo warst Du?).
Die zweite Halbzeit begann und übertraf fast noch die erste an Witz und Charme!
Er machte dem ‚Südstadtdylan’ alle Ehre! :-)
Ein Joke von WN: Wie heißt Gott in Köln mit einem Buchstaben? Antwort: ‚J’(Jott)
*Brüller* :-)
Während Wolfgang seine Gitarre stimmte forderte er die Leute auf so lange zu
klatschen bis er damit fertig sei - es würde laut dem ehrwürdigen ‚Herrn
Hentschel’ so viel cooler ‚rüber kommen. :-)
Während Wolfgangs Anekdoten hörte man immer wieder Hectors unverkennbare Lache
‚raus und der BAP-Boss begrüßte und huldigte ihm an diesem Abend im Saal
sitzenden Hector Zappel (Jürgen Zöller, Supertrommler) gleich mehrmals.
Am Ende der Veranstaltung durfte natürlich ‚Verdamp’ lang her’ nicht fehlen.
Insgesamt gab Wolfgang 10 Songs zum Besten.
Unter anderem auch ‚Shoeshine’ - nicht nur ich mag dieses Stück sehr gern und
wünschte, es würde mal wieder zusammen mit der Band gespielt werden..
Er bekam 3 Standing Ovations und gab’ 3 Zugaben bis er sich gegen 23 h für
diesen Abend von der Bühne verabschiedete.
Im Foyer konnte man Wolfgangs Autobiographie ‚Für ne Moment’ in Buch und CD-Form
käuflich erwerben und nach der Lesung würde WN hier noch Autogramme geben, wie
wir durch den Veranstalter erfuhren.
Von Handyfotos sein allerdings abzusehen und auch von mehreren Autogrammwünschen
da Wolfgang in der Nacht noch nach Köln müsse um am nächsten Tag einen Flieger
zu erreichen.
Die Menschenschlange wurde immer länger und WN schrieb’ sich regelrecht die
Finger wund..er schrieb, betrieb Smalltalk und schrieb…bestimmt eine ganze
Stunde lang.
Holger wartete geduldig in einer Ecke auf seinen Einsatz doch so schnell würde
er wohl nicht zum Zug..ähem..zum Auto kommen. *ggg*
Über dem Signiertisch befand sich der Aufgang B, von dessen Treppe aus Wolfgang
dann doch noch mehrmals mit Leuten abgelichtet wurde.
Jemand neben mir äußerte sich voller Bewunderung, wie sich der BAP-Boss
überhaupt die Texte so vieler Songs merken könne… *grins*
Zwischenzeitlich vertrieb ich mir dann die Zeit um endlich mal camparimäßige
Fotos mit Didi und mit Jan machen zu lassen *freu*
Dankeschööön die Herren dafür!! :-)
Draußen verabscheuten wir uns noch voneinander, Ulli fuhr mich zu meinem Auto
ins ‚Grüne’ und ich schwang mich wieder hoch auf die A5 in den wilden hessischen
Süden wo ich dann gegen 3 h morgens das Kissen küsste.
Fazit dieses wunderbaren Abends:
Wolfgang schreibt nicht nur Bilder, nein, er malt neben seinen Songs auch seine
Lesungen!
1000 Dank dafür!!!
Nach diesem Abend ist mir klar geworden - wüsste wirklich nicht, welcher Band
ich nach BAP noch jemals treu sein sollte oder wollte..
bess demnähx! :-)