-Fan-Tourtagebuch
Köln, 14. September 2002
Fotos von Kerstin Blöcher
Ein Bericht von Achim Kämmerer
Es ist das
voraussichtlich letzte große Konzert vor der Sendepause – und wahrscheinlich
hätte ich ganz schön heftige Gewissensbisse bekommen, wenn ich mir das hätte
entgehen lassen. Und wenn dann auch noch der begnadete Ruhr-Rocker Stoppok als
Pre-Act angekündigt ist, dann ist der Besuch im Tanzbrunnen (op dä „Schääl
Sick“ in Kölle) sowieso ein Pflicht-Termin.
Die
Erwartungen werden auch nicht enttäuscht. Mit „Irjend‘en Rock‘n‘Roll
Band“ stellt sich die sieben-köpfige Combo noch einmal zur Sicherheit der
versammelten Gemeinde vor, um den Schäfchen gleich danach „ne schöne Jrooß“
zu bestellen. Ein solcher Opener gibt die Maxime des Tages vor: „Diss Naach
ess alles drinn“. Obwohl: eine Nacht-Session wird‘s wohl nicht, denn um 22
Uhr muss hier der Stecker rausgezogen werden – der lieben Nachbarn wegen. Da
gibt‘s nur eins: Spille, spille, spille, und das ohne epochale
Zwischenmoderationen von Wolfgang. Der hält sich auch meistens daran. Die
Geschichten zu den Songs kennt eh jeder. Das muss der Frontmann spätestens bei
der „Moritat vun Jan un Griet“ zur Kenntnis nehmen: Höchst ungeduldig
zeigen sich die Fans, während sie sich zum x-ten Mal die Background-Story zu
diesem „aff un zo“-Hit über sich ergehen lassen müssen. Umso frenetischer
der Applaus, als endlich die ersten Taktschläge durch die Boxen knallen.
Die Überraschung des Abends: Julian Dawson auf Stippvisite. Als er die
Original-Zeilen aus Dylans „Like a Rolling Stone“ bei der verkölschten
Version „Wie ´ne Stein“ röhrt, gerät ein etwas angejahrter Fan neben uns
ins Schwärmen: „Das war meine Jugendzeit“. Was verbindet die Generation
auch mehr als Rock-Musik?
Zeitlos bleiben auch viele Klassiker, die bei diesem Konzert nicht fehlen dürfen:
„Helfe kann Dir keiner“, „Kristallnaach“, „Nemm mich met“, „Do
kann zaubere“ oder „Nix wie bessher“ – kurz gesagt: „Wahnsinn“!
Die Kapelle zeigt noch immer keine Ermüdungserscheinung, die Spielfreude ist
ungebrochen. Allerdings: So sehr ich „Vill passiert sickher“ und „Let´s
Spend The Night Together“ mag, so gerne hätte ich Sheryl´s Stimme zur
Abwechslung mal bei ein paar anderen Songs gehört. Die Aussicht auf eine neue
CD plus Tour in rund einem Jahr lassen einen da weiter hoffen. Und wo wir gerade
bei Kritik sind, ein kurzes Wort zu Helmut Krumminga: Für das Zwischenspiel bei
„Alexandra (düb-düü-dü), nit nur do“ sollte er sich doch die ursprüngliche
Struktur vom Major noch mal etwas genauer anhören statt scheinbar unüberlegt
in die Saiten zu hauen.
Der
geniale und herzbewegende Abschluss des Konzerts: Die neue
„Arsch-huh“-Fassung der Lokalhymne „Niemals geht man so ganz“ (Tipp für
Fans von kölschen Tönen: wer die CD „Heimatklänge“ noch nicht hat –
kaufen! Ist ja auch für‘n guten Zweck). Zum Glück ist der Trude-Herr-Song in
diesem Fall nicht als unwiderruflicher Abschiedsgruß gemeint, wie uns
Wolfgang– exakt zwei Minuten vor 22 Uhr – noch schnell versichert: „Wir
sehen uns in einem oder anderthalb Jahren wieder. Oder, falls wir es nicht mehr
aushalten, vielleicht sogar im nächsten Monat.“