Rock mit Haltung
Es hat etwas von AC/DCs „Hells Bells“: Pünktlich um 20 Uhr läuten die
Kirchturmglocken des Kölner Doms ein fast dreieinhalbstündiges BAP-Konzert im
gut besuchten Mannheimer Rosengarten ein. Energisch startet die um ein
Bläser-Trio erweiterte Band mit „Drei Wünsch frei“ vom 1984 erschienenen
„Salzjebäck un Bier“-Album. Natürlich hätte man die Stücke bei denen das Saxofon
oder eine Trompete zum Einsatz kommt auch mit Synthesizern live spielen können,
erzählt ein gut aufgelegter Wolfgang Niedecken, so mache es aber deutlich mehr
Spaß. Die drei Musiker (Trompete, Posaune und Saxofon), die er bei den Aufnahmen
zu „Sing meinen Song“ kennengelernt hat, geben vielen Liedern neuen Drive. Das
Trompetenintro bei „Diss Naach ess alles drin“ erzeugt Gänsehaut.
Die beiden besten BAP-Songs überhaupt, „Bahnhofskino“ und „Jupp“, spielt eine
fantastisch aufgelegte Band im ersten Drittel des Konzerts. Ulrich Rode an der
Gitarre lässt sein Instrument singen. Großartig welche Soli er spielt.
Stellung beziehen und Haltung zeigen sind wichtig, mahnt Niedecken das Publikum,
gerade in der heutigen Zeit. „Menschen im Mittelmeer ertrinken zu lassen, finde
ich nicht in Ordnung.“ Er erinnert an die deutsche Verantwortung für Afrika,
deren Kolonialpolitik zu Beginn des 20.Jahrhunderts mit dazu beigetragen hat,
dass in vielen Ländern des Kontinents heute so schlechte Lebensbedingungen
herrschen und die Menschen die Flucht ergreifen. Recht hat er. Es folgen
„Absurdistan“ und „Vision vun Europa“. Letztgenanntes, ein Rock-Walzer mit
orientalischen Einflüssen das eine Flüchtlingsgeschichte erzählt, ist eines der
druckvollsten Stücke des Abends.
Mit einem weiteren klaren politischen Statement „Arsch huh, Zäng ussenander“
geht nach fast zweieinhalb Stunden der Hauptblock des Konzerts zu Ende.
Wo bei vielen Bands bereits Schluss ist, geht es bei BAP erst richtig los.
„Ruut wieß blau querjestriefte Frau“ heißt der erste Song des 45 minütigen
Zugabenblocks. Ein Groove der an Johnny Cash erinnert. „Dieses Lied wurde das
erste Mal in Folsom Prison aufgeführt“, scherzt Niedecken in Anlehnung an das
gleichnamige Johnny Cash Live-Album.
Kurz vor Schluss feuert die Band „Verdamp lang her“ ab, ohne das kein
BAP-Konzert auskommt. Die bereits gute Stimmung erreicht ihren Höhepunkt. Auch
die letzten auf der Tribüne sitzenden Zuschauer, hält es nicht mehr auf den
Plätzen.
Der Showstopper des Abends, zu dem der langjährige frühere BAP-Drummer Jürgen
Zöller auf die Bühne kommt, ist „Jraaduss“. Mit Standing Ovations wird die Band
verabschiedet. „Bleiben Sie uns gewogen und empfehlen Sie uns weiter“, meint
Niedecken zum Schluss. Nach so einem Abend fällt dies nicht schwer!
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