BAP-Logo-Fan-Tourtagebuch

Münster, 6. Juni 2002

Ein Bericht von Ulrich Klose

"Överall - die Probe" stand auf der Eintrittskarte, und auch Wolfgang Niedecken meinte, dass es wirklich eine Pobe sei. Es werde den ein oder anderen Verspieler geben. Seit dem Mittag sei die Band im Jovel und habe das Programm durchgeübt - gleichwohl einige Stücke vergessen, wie bei der Zusammenstellung der Setlist für den Abend aufgefallen sei.
Warum eigentlich Probe? Das, was BAP spielte, war fast komplett von der
Aff-un-Zo-Tour ab dem Herbst bekannt. So schnell vergessen gute Musiker wie die von BAP die Arrangements sicher nicht. So war der Auftritt im angenehm kleinen Jovel dann auch erwartungsgemäß toll. Die Stimmung in dem 1500-Leute-Laden war super - kein Wunder, schienen es doch fast nur "alte Bekannte" zu sein, die den Weg in die Disko von Steffi Stephan gefunden hatten. Die Halle war - optimistisch geschätzt - zu drei Vierteln gefüllt. Da es eine Probe für die Open-Air-Tournee war, fiel das Programm entsprechend kürzer aus. Zweidreiviertel Stunden dauerte es. Der Beginn war vielversprechend. Mit Gitarre und vorgeschnallter blues harp kam Wolfgang Niedecken auf die Bühne und stimmte "Für ne Moment" an. Sehr schön. Dann ging es lange Zeit mit Altbekanntem weiter, beginnend mit "Hück es sing Band.../Let's spend the night together" an Position zwei. Früher war es mal so, dass Open-Air-Programme und Setlisten der Hallen-Tourneen sich bei BAP unterschieden. Das scheint die "neue Besetzung" nicht mehr für nötig zu halten. Fast nichts wurde an Arrangements und Stücken aus der vorigen Hallen-Tournee geändert. Es gab nur weniger davon. Wirklich überraschend für mich war nur "Wie ne Stein" im Zugabenteil, wo Wolfgang Niedecken wieder blues harp spielte. In der sehr warmen Halle glich er dabei sehr Bob Dylan, nicht nur, weil auch dieser "Like a rolling stone" immer im Zugabenteil spielt. Vo den strubbeligen, durchgeschwitzten Haaren über die etwas malträtierte Stimme bis zum charakteristischen Schweißtropfen an der Nasenspitze gab der BAP-Chef den Herrn Zimmermann aus Hibbing. Erfreulich fand ich, dass "Frau, ich freu mich" wieder im Programm war. Das hatte ich bei der Aff-un-zo-Tour nicht gehört. Erstaunlich, dass Wolfgang Niedecken bei diesem alten Schätzchen noch den Text vergisst. In Münster gelang es ihm einige Male in den Strophen. Wenigstens nicht zum Standard-Repertoire der vorigen Tour gehörte "Wenn et bedde...", das BAP aber auch ausgiebig versägte. Entweder war es geplant, dass nach dem Intro der Refrain nicht gesungen wurde, oder Wolfgang Niedecken hatte es schlicht vergessen. Auf jeden Fall ergibt es - vom Text her betrachtet - keinen Sinn, weil dann die erste Strophe völlig sinnfrei im Raum schwebt. Helmut Krumminga unterlegte das Lied mit einem sehr unruhigen, abgehackten Rhythmus, der nicht zum Song passte und an dem er noch wird feilen müssen. Gefreut habe ich mich auch über "Wie die Sichel vum Mohnd". Schön gespielt war es. Aber hier wurde, wie bei fast allen anderen Stücken auch, die Solierqualität Helmut Krummingas deutlich. Da wo es "früher" ('tschuldigung für das abgelutschte Thema) Gitarre-Solo-Melodien (!) gab, aus denen sich freiere, durchaus auch schnellere Variationen ergaben, gibt es jetzt nur noch Krummingas Turbo-Spiel auf den sechs Saiten, das rastlos wirkt und gerade bei´ langsamen Stücken nach meiner Ansicht nach zerstörend wirken kann. Es geht nicht nur darum, gekonnt 32stel herunterzuspielen. Bei "Sichel" führte dies dazu, dass die letzte Phrase, die einst mit einem Gitarren-Thema ausklang, mit einer Refrain-Wiederholung gespielt wurde, weil ja irgendein ordentlicher Schluss sein muss. Der Rest der Stücke wurde routiniert vorgetragen. Die Arrangements sind weitgehend gleich geblieben. Hervorzuheben ist Michael Nass. Der hat sich einige neue Soli für seine Piano-Parts ausgedacht, z.B. bei "Shoeshine". Die anderen Musiker wirkten gewohnt könnerhaft, hatten sich aber nicht die Mühe des Keyboarders gemacht. Wolfgang Niedecken hatte mit der Hitze im Jovel zu kämpfen, die ihn an seinen ersten Auftritt mit Jan Dix in Kufstein erinnerte, wo dieser in einer heißen Halle das Konzert mit einem Norweger-Pulli bestreiten wollte. Kleidungsmäßig kam gut an, dass Sheryl Hackett, Jens Streifling und Jürgen Zöller den zweiten Zugaben-Block (es gab drei) in Trickots von "BAP Köln" mit Namens-Bepflockung bestritten. Irgendwie erinnerten die Leibchen an die des Kamerun-Teams?!
Einiges gäbe es noch zu erzählen. Ist es wirklich eine gute Idee, gerade
für Open-Airs, Klassiker aus der Balladen-Schublade wie "Jraaduss" oder "Zaubere" (Niedecken auf den Ruf "Do kanns zaubere" aus dem Publikum: "Ich glaube, da überschätzt du mich") komplett aus dem Programm zu streichen. "Aff un zo" als letztes Stücke des ersten Teiles finde ich auch unpassend. Aber wie dem auch sei: BAP-Neulinge auf den Plätzen werden ihren Spaß haben, "alte Hasen" bekommen wenig Überraschendes geboten.