BAP in Münster – was will man mehr?!
Ganz bewusst hatte ich mich mit einem
Freund entschieden, nach Münster zu fahren und nicht nach Köln – oft sind die
„Warm ups“ einfach spannend(er) und die riesige Kölnarena war noch nie so meins.
Besagter guter Freund musste aus zwingenden Gründen absagen und ich fand es spannend,
dass eine Kollegin, die von BAP nur Verdamp lang her kannte, richtig Lust hatte
mitzufahren und sie wurde nicht enttäuscht. Als wir gegen 17.30 Uhr an der Halle
ankamen, wurden noch die Absperrbänder gezogen und es war sonst noch niemand zu
sehen, der nach Konzertbesucher aussah. Nach einer Pizza in einem nahe gelegenen
Imbiss sah die Sache dann anders aus - es hatte sich gegen 18.30 Uhr eine lange
Reihe gebildet. Im Vorfeld hatte der Veranstalter aufgrund der Corona-Vorgaben
und damit verbundenen notwendigen Kontrollen am Eingang gebeten, früh da zu
sein, damit der Ablauf reibungslos vonstattengehen könne. Es ging wirklich
reibungslos, keine Beschwerden!
Die Erfahrung eines Konzerts mit Maske zeigte sich als speziell heraus. Das
Mitsingen war deutlich anstrengender als ohne Maske, doch das tat der Energie
keinen Abbruch.
Das Konzert war einfach genial. Nach so langer Zeit mal wieder Musik und dann
noch BAP live genießen zu können und dabei eine spielfreudige Band zu erleben,
großartig. Den Zwiespalt, in einer derartigen Lage mit Corona und während des
Ukraine-Kriegs Konzerte zu spielen, thematisierte Niedecken denn auch mehrfach
und die Statements vor allem zur Lage in der Ukraine waren eindeutig und
richtig.
Als Konzertgänger auch anderer Bands freue ich mich immer wieder, dass die
Setliste sehr variabel ist. Immer wieder höre ich (nicht nur neue) Lieder zum
ersten Mal live oder es war schon lange her, dass sie in der Setliste vorkamen.
Die Dramaturgie jedenfalls war großartig und auch abgestimmt auf die Sitzplätze.
Tatsächlich waren die Fans seinerzeit bei der Tonfilm-Tour entrüstet, dass sie
sitzen sollten – und dann noch mit Pause zwischendurch. Mittlerweile und das
auch bei gestiegenem Durchschnittsalter sind die meisten vermutlich froh, dass
sie sich immer wieder setzen können und so wurde nach den ersten drei Stücken,
die uns ordentlich einheizten (Hück ess, Odyssee, Wahnsinn/Waschsalon) erstmal
wieder Platz genommen. Die neuen Stücke wurden ohnehin in der Regel sitzend
genossen. Bei den „Jeisterfahrern“ in der Zugabe konnte ich das nicht verstehen,
das Stück ging total ab und ich war aber der einzige, der dort stehend mitging
(außer natürlich den Unverbesserlichen der ersten Reihe - vielleicht saß ich
da falsch). Nach einer Reihe flotter Stücke mit den Highlights „Drei Wünsche
frei“ und „Alexandra“, meinem persönlichen Favoriten und einem Stück, mit dem
ich nach Ansicht der Setliste aus Hannover nicht gerechnet hatte und mich umso
mehr freute, kam der „Liebesleeder im Sitzen“-Block – es wurde auch Zeit für
etwas Sitzen. Hier wechselten sich neue und alte Stücke ab, wobei mir
„Mittlerweile Josephine“ am Herzen lag, ist doch meine 16-jährige Tochter diesen
Namens und wird sogar tatsächlich Josi genannt und nicht Jojo, wie Niedeckens
Tochter. Das Stück habe ich denn auch gefilmt und meiner Tochter geschickt – sie
war sehr erfreut! Das Mitsingen bei „Jraaduss“ war dann mal wieder ein Highlight
– leider fehlte der Wellenreiter.
Zum Ende des Hauptblocks erreichten wir mit „Kristallnaach“ und „Arsch huh“ die
politische Stelle im Konzert und hier auch einige klare Worte! Starkes Stück. In
Hannover wurde noch Widderlich gespielt – auch das hätte noch inhaltlich gut
gepasst, doch Nemm mich met ist vermutlich das bessere letzte Stück vor den
Zugaben und natürlich der größere Klassiker! Ich mag übrigens diese
„adrenalinfreiere“ Version sehr. Überhaupt möchte ich eine Lanze für dieses
Ensemble brechen. Im Vorfeld hatte ich mal wieder dieses „seit der Major weg
ist“-Gespräche im Freundeskreis. Ich kann das nicht nachvollziehen. Die Musik
ist m.E. sogar besser geworden, wendiger, lebendiger – mal ruhigere Platten
(Lebenslänglich, Aff und zo), mal kräftigere, wie die aktuelle, Sonx oder Halv
su wild – da ist für jeden was dabei und die alten Stücke kommen wirklich nicht
zu kurz! Unter allen Musikern sticht Anne de Wolff immer wieder heraus –
beeindruckend wie viele Instrumente sie perfekt beherrscht! Das gibt den Songs
sehr viele Variationsmöglichkeiten und das Bläsertrio machte wieder Stücke
möglich, die vorher nicht gingen. Eine Basisplatte wie „Sonx“ war auch damals
mal spannend – aber so ist es doch abwechslungsreicher. Doch die gesamte Combo
war spielfreudig und lebendig, das hat Spaß gemacht, zuzusehen und zuzuhören!
Der Zugabenblock begann mit „Wenn et bedde“, einem Stück, das ich nur bei meinem
ersten Konzert und dem einzigen, das ich noch mit dem Major und Effendi gesehen
hatte, gehört hatte. Inhaltlich stimme ich dem Stück als Christ nicht unbedingt
zu, doch die Botschaft des Stückes ist dennoch wichtig und übrigens eines der
wenigen Stücke, das ich kenne, dass keinen wirklichen Instrumentalteil hat.
Besondere Highlights waren für mich persönlich noch der Müsli Män, den ich
tatsächlich bei der Tonfilm-Tour das letzte Mal live gehört hatte. Auch Maat et
joot passte einfach. Zum Ende des Konzerts gingen doch tatsächlich die ersten
schon vor der ersten Zugabe, das fand ich trotz Montagabend krass. Doch die
allermeisten hörte sich noch die untergehende Sonne am Ende des Tages an – ein
wunderbares Stück zum Herunterkommen. Ich hatte am Dienstag noch lange diesen
Ohrwurm. Auch das in Hannover gespielte „Sendeschluss“ ist eins meiner
Favoriten, doch für dieses Konzert schien mir die Wahl passender.
Es war ein rundum genialer Abend – auch meine Kollegin hatte sich die Hände wund
geklatscht – eine besondere Freude!