-Fan-Tourtagebuch
Oberhausen,
01. April 2006
König-Pilsener-Arena
Ein Bericht von Ralf Lukas
„Here I am down in Ruhrpott again ”, verschmitzt grinsend entfremdete Schlagzeuger Jürgen Zöller bei seinem gesanglichen Kurzeinsatz den Text des Springsteen Klassikers „Hungry Heart“. Gut 2 Monate bei ihrem ersten Gastspiel in heimatlichen Gefilden nach dem doch arg verkrampften Köln-Auftritt präsentierte sich das Quintett endlich wieder aus einem Guss. Das aktuelle Motto „Greatest Hits Tour“, bei dem der sich eine oder der andere Altfan noch immer verwundert die Augen reibt oder Ausverkauf vermutet, wirkt als Begrifflichkeit eher unglücklich. Denn kommerzielle Hits verbuchte BAP bis auf „Aff un Zo“ und „Widderlich“ in den letzten 15 Jahren wirklich nicht. Gerade bei der Auswahl der Singleauskoppelungen hatten die Kölner eindrucksvoll daneben gelegen, wie die Fehlgriffe „Wiggerweiss“ und „Für Maria“ vom letzten Studioalbum eindrucksvoll bewiesen haben. Dennoch, der Zweck heiligt die Mittel. Denn anstatt der kleinen Turbinenhalle wurde erstmals seit 1999 wieder in der modernen König Pilsener Arena eine BAP Show ausgetragen. Auch wenn es nur bis zur Mittellinie reichte. Denn dort wurde die Bühne wie im Oktober letzten Jahres bei Bob Dylan an gleicher Stätte vorgezogen. 10000 Zuschauer sind doch eine Menge Holz. Aber was will man unken, wenn beispielsweise Oasis 50 Konzerte im heimischen Territorium absolvieren würden, könnten auch nicht immer die überdimensionalen Arenen gebucht werden. So konnten die gut 3500 Fans in dem Halbkreis um die Bühne überall gut sehen und erlebten eine souveräne 3 Stunden Show der Kölschrocker. Klanglich ist die Köpi-Arena, über deren Namen sich Niedecken zurecht lustig machte, eine der erfreulichsten Konzerthallen weit und breit. Inzwischen gut eingespielt verbreiteten Niedecken und Co. durchweg gute Stimmung, die von dem eher gesetzteren Publikum entsprechend honoriert wurde. Angereicht wurde das Ganze von vielen launigen Ansagen des Frontmanns, der sich für die vielen Geschenke zu seinem 55. Geburtstag vor zwei Tagen bedankte. Wie auf dem mittlerweile vergoldeten Doppelalbum „Dreimal Zehn Jahre“ nachzuhören, wurden einige verstaubte Titel mit neuen Arrangements ausgestattet. Live zündete davon einiges, manches blieb eher sinnlos und fad. „Fortsetzung Folgt“ auf Speed hatte eindeutig mehr Pfeffer, die Programmierarbeit des teilweise arg übermotivierten Tastenmannes Michael Nass bei „Dess Naach ess alles drin“ sollte dieser besser noch mal überdenken. Die Hommage an Übervater Dylan mit „Hurricane“ wirkte eher nackt ohne den Geigeneinsatz von Frau de Wolff. Da konnte sich Michael Nass noch so sich die Seele aus dem Leib orgeln. Ein herzliches Willkommen zurück erfuhr Oldie „Ruut-wieß blau quergestriefte Frau“ aus seligen Tagen der Chlodwigeck-Zeit Ende der 70er Jahre . Gleiches galt für „Jupp“, die humorige Geschichte über den Stadtstreicher aus dem Kölner Kneipenviertel. Dagegen sollte man Titelstück „Dreimohl Zehn Johre“, nun unplugged vorgetragen genauso wie das andere neue Stück „Nähxte Stadt“ sofort einmotten, die beide eher wie Füllmaterial wirkten. „Für ´ne Moment“ fand im Unplugged-Block nach längerer Pause auch wieder Berücksichtigung. Das Experiment „Do Kanns Zaubere“ im neuen Gewand wurde schnell verworfen, stattdessen wurde der Klassiker wieder wie im Original vorgetragen. Endlich konnte Niedecken bei „Aff un Zo“, natürlich mit obligatorischen FC-Fanschal bewaffnet, diesen dank der freundlichen Mithilfe von Oliver Kahn mit der gutgelaunten Menge voll und ganz bejubeln. Der Zugabenteil stand ganz im Mittelpunkt der glorreichen BAP Vergangenheit aus den frühen 80ern, bei dem sich das Publikum absolut textsicher erwies. Niedecken gratulierte somit der Menge zu dem erfolgreich bestandenen „Kölsch-Abitur“, denn Wellenreiter wurde wieder nur mit geringer Hilfe des Sängers von der fröhlichen Fanschar durchgesungen. Jetzt zum Ende des ersten Tourblocks ist die BAP-Maschinerie endlich ins Rollen gekommen. Augenscheinlich war , dass die Oldies egal ob Hit oder nicht, über einen deutlicheren Bekanntheitsgrad verfügten als das neue Material. Wie dem auch sei, auch ohne Bühnengäste, im Fall von Anne de Wolff mit Sicherheit schade, können die Mundartrocker in dieser Form weiteren Konzerten gelassen entgegenblicken.