-Fan-Tourtagebuch
Oberkirch,
7. September 2004
Festzelt beim Renchtalstadion
Foto von Marco Zoli
Ein Bericht von Hans-Georg Krumm
"BAP in Oberkirch? In einem
Weinfestzelt? Läuft die Tour so schlecht?". Fragen und Bemerkungen wie
diese musste ich mir im Vorfeld des Auftritts in Oberkirch oft anhören und
zugegeben, als ich um das Festzelt betrat hatte ich auch so meine Zweifel, ob
das denn so die richtige Umgebung für 'ne Rock 'n' Roll Band ist, denn
das Festzelt war zur Hälfte mit Biertischen und -bänken bestuhlt. Meine Einschätzung
zunächst: die Mehrheit der Besucher hat ein Rock-Konzert, geschweige denn BAP
noch nie gesehen. Wie falsch ich damit liegen sollte wurde mir schlagartig um
20:45 mit dem Doppelpack "Jedenfalls vermees" / "Nemm mich met"
klar: das ganze Festzelt feierte BAP frenetisch und erwies sich als ungemein
textsicher, doch dazu nachher mehr.
BAP gefiel der überaus gute Empfang sichtlich und WN gab schnell die
Marschrichtung des Abends bekannt: 2/3 Steinzeit und Mittelalter Material, 1/3
Neuzeit und Gegenwart. Der Sound war nach 2 bis 3 Songs gut ausgemischt und so
stand einer 3 stündigen Party nichts im Weg. Egal ob alt oder neu die Band präsentierte
sich in einer Spiellaune, die man während der Sonx Hallentour schon oft erleben
durfte und auch bei einem der letzten Open Air Termine immer noch spürbar
ist. Helmut Krumminga, wieder mit Iron Maiden T-Shirt, leistete Unglaubliches an
der Gitarre, Werner Kopal am Bass und Jürgen Zöller an den Drums sorgten für
den nötigen Rhythmus-Unterbau während Michael Nass die Keyboard Akzente
setzte. Und WN musste zu den einzelnen Songs nicht viel erklären - es war einer
der Auftritte, da fast alle Songs live wunderbar funktionieren. Gegenüber den
Hallenterminen wurde leicht am Reportoire gebastelt, sodass es für mich die ein
oder andere Überraschung gab, wie z.B. "Ens em Vertraue" im
Western/Ragtime Gewand, einem Song, bei dem ich mir den Rest des Konzertes des
Kopf zermarterte, ob ich den schon mal live gesehen habe oder
"Souvenirs", das, da inhaltlich passend direkt hinter "Rövver
nach Tanger" lief. Und auch an den Arrangements wurde was geändert: Hielt
ich die Tatsache, dass ich beim Refrain von "Krahnebäume" Gitarrist
Helmut Krummingas Vocals lauter als WNs Vocals hörte noch für einen
Abmischfehler, der aber durchaus seinen Reiz hatte, wurde ich bei der gnadenlos
guten Coverversion von Heroes/Helden eines Besseren belehrt, denn dort war es
zweifelsfrei Absicht, dass Helmutdiesmal die Lead Vocals sang.
Von der Dramaturgie stimmte auch alles: sowohl die Liebeslieder im Sitzen
("Ich wünsch mir" und das wunderschöne "Paar Daach fröher",
das live endlich mal wieder zu Ehren kam) wurde gut aufgenommen, als auch
Liebeslieder im Stehen ("Maria"). Hatten die Oberkirchner schon bei
"Do kanns zaubre" oder "Jraaduss" ihre Textsicherheit
bewiesen, meisteren sie auch den ultimativen Kölsch Test. Nachdem nämlich WN
erzählte, dass beim Auftritt in Bonn vor ein paar Tagen zum ersten Mal seit 15
Jahre es gereicht hätte bei "Wellenreiter" nur das erste Wort
zu singen und der Rest dann vom Publikum gesungen wurde, können sich die
Oberkirchner nun rühmen, das erste Publikum außerhalb des kölschen
Sprachraums zu sein, dem dasselbe gelang.
Fazit: ein gigantisch guter, 3 stündiger Auftritt von BAP mit einem Publikum,
das stimmungsmäßig unter meinen perönlichen Top 5 besuchter BAP Konzerte
rangiert. Highlights: "Rövver noh Tanger", "Wie wann und
Wo", "Paar Daach fröher" und "Heroes". Nicht ganz so
gelungen: "Wann immer do..." und "Souveniers" wobei
letzterer einer meiner Lieblingssgongs ist, das Teil live aber einfach nicht
funktionieren will. Mit "Bleifooß", der WN den Roadies und den Fans,
die es immer wieder schaffen bei fast jedem Konzert in der ersten Reihe zu
stehen, ging nicht nur das Konzert zu Ende sondern so langsam nähert sich auch
die Sonx Tour dem Ende zu. Das "Sonx" Album und vor allem die Tour
haben meiner Meinung nach bewiesen, dass die Reduktion auf 5 Leute dem BAP Sound
gut getan hat. Man vermißt vielleicht hier und da ein Saxophon und ein paar
Percussions, dafür sind alle Songs aber schlanker, kompakter und
unterscheidbarer.