BAP-Logo-Fan-Tourtagebuch

Pahlen, 17. November 2001

Bericht von Dirk Stoermann

Beginn: 20:13 Uhr
Ende: 23:15 Uhr
Leute: ca. 1.500

Das nördlichste "aff un zo"-Konzert im schleswig-holsteinischen Pahlen (Kreis Dithmarschen) - und WN erinnert sich daran, schon irjendwann mal hiergewesen zu sein. Die Konzeption der Halle (mit den direkt angegliederten Zappelhallen und Restaurationen) war ihm im Gedächtnis geblieben ("war das während der Drinne noh Drusse oder Salzjebäck-Tour?"). In der Tat sind 17 Jahre vergangen und nur signierte Postkarten im Memorabilia-Glaskasten, der im Foyer hängt, erinnern daran. Das Ambiente hat sich seither nicht verändert. Rustikal aber sehr herzlich die Halle und die Leute, die heute abend hier sind. Viele waren mit Sicherheit auch schon vor 17 Jahren dabei, im hohen Norden gibt es wenig Karneval aber eine sehr treue BAP-Gemeinde (die zudem einigermassen Kölsch-fest ist!)

Das Konzert.
Tolle Eröffnung mit einem akustischem "Wellenreiter",
anschliessend für mich als Stones-Fan der frühe Höhepunkt der "Let's Spend The Nicht Together"-Version. Klasse Stimme von Sheryl Hackett. Erinnerungen an 1982 kommen auf, als am Ende der Shows immer ein Stones-Block gespielt wurde. Es geht weiter mit neuen und alten, neu arrangierten Stücken. Wunderschön vor allem "Amerika". Ein weiteres highlight für mich persönlich dann Rock'n'Roll Star, der vermeintlichen Patti Smith Nummer (stammt von den Byrds). Feuerzeuge bei "Do kanns zaubere". Nach "Maat et Joot" ist der Haupt-Set vorbei. Die Frage ist jetzt nur, wie lange der heutige "Zugaben"-Abend wird!? Die Band spielt nach alter Tradition wieder knapp über drei Stunden und die wunderbar neu aufgelegten Versionen von "Nemm mich mit", "Verdamp lang her" und "Kristallnaach" (Jens Streifling in Höchstform!) reissen die Nordländer von den nicht vorhandenen Stühlen. Überhaupt, neben der Rhythmus-Section Zöller/Kopal sind es Streifling (Fanplakat: Jens, Du Held!) und Krumminga (Fanplakat: Helmut, Du Tier!) die Major und Co. komplett vergessen machen. WN hat eine wunderbare Live-Combo beisammen, die an die grossen BAP-Zeiten Anfang und Mitte der 80er anknüpfen. Eine unglaubliche Spielfreude und Harmonie auf der Bühne, wie man sie ganz selten sieht. Wie stand es kürzlich im WOM-Magazin: "Der Abschied von Major und Effendi war das beste, was BAP passieren konnten". Leider Zustimmung! "Frauenname mit 4 Buchstaben"-Anna wird diesmal durch "Rita" abgelöst. "Sichel vum Mond" hatte ich auch nicht erwartet. Zu den weiteren Erfreulichkeiten gehörte selbstverständlich die Songwidmung "Nix wie bessher" für Werder Bremen (die die Bayern an diesem Abend mit 1:0 geschlagen hatten). Der Encore-set 2 wurde mit der kleinen Knast-Geschichte gestartet (BAP spielte versehentlich Psycho Rodeo :-)). Der Text kann für einen Auftritt in einem Gefängnis nicht deplazierter sein. O-Ton WN: "Scheisse, watt sing ich he!" Nach dem Grande Finale dann das Versprechen (und WN glaubt man's ja auch ;-), dass es nicht wieder 17 Jahre dauern soll, bis es BAP in die Eiderlandhalle verschlägt. Am Ende noch die schöne Erkenntnis, das man wohl auf jedem Konzert dieser Tour eine andere Zusammenstellung von Songs erwarten kann. Das Gerüst steht zwar, aber wie auch bei den Vorbildern Young, Dylan, Stones, sind immer spontane Änderungen der Setlist drin.

Ein Bericht und Fotos von Kalle aus Kiel

Weit ist der Weg durch den nördlichsten Teil der Republik, platte Wallachei, vorbei an Tankstellen, wo man nachst noch Weißkohl verkauft, wo rechts und links tiefe Gräben neben den Straßen den Autofahrer zur Vorsicht mahnen und alle 8 Kilometer ein mehr oder weniger unbeleuchtetes Dorf an der ebenso unbeleuchteten Landstraße die Langeweile des Anreisenden kurz unterbricht bis nach Pahlen in Ditmarschen. Wo ist denn dieses Pahlen, wird sich die Band gefragt haben, wir als Wahl-Schleswig-Holsteiner auch, aber beflügelt vom Triumpf auch dieses gefunden zu haben, freuen wir uns auf ein Bap-Konzert in der Nähe ohne die sonst (leider) übliche Kilometerfresserei. Mitten im Ort ein auf den ersten Blick eher als Disco erkennbares Gebäude mit Restaurant, drinnen ein endloses Labyrinth von Gängen, das in eine, hier nie vermutete, große Halle, mit augenscheinlich oft großem Kulturprogramm (in der Ecke hängt ein Plakat von Vicki Leandros), eben die Eiderlandhalle, mündet.
19.30 Uhr, noch sind nur ein paar hundert Besucher im Saal. Einer
der Fahrer der Band verweist mich auf die Frage, warum man ausgerechnet hier spielt, schmunzelnd auf den Text des Titels Psycho-Rodeo.
Bis 20.00 Uhr füllt sich die Halle bis an den Rand. Mindestens drei
Generationen sind erschienen, viele die die Band vom letzten Auftritt in Pahlen noch kennen. "War das vor 12 Jahren oder noch früher", höre ich neben mir. Später stellt sich in gemeinsamer Erkundung zwischen Band und Publikum die Zahl 17 Jahre (also tiefstes voriges Jahrhundert) heraus. "Du kennst die Band, die hier heute abend spielt gar nicht?", fragt eine Frau in der vordersten Reihe ihren Nachbarn. Ein zögerliches "Nein, aber wenn sie spielen, erinnere ich sicher den ein oder anderen Titel." Trotzdem habe ich den Eindruck eines sehr unvoreingenommenen Publikums, das sich wirklich auf ein Konzert freut.
Kurz nach acht, das Saallicht geht aus und die Band beginnt mit
"Wellenreiter", gefolgt von dem Meddley "Hück ess sing Band en der Stadt / Let's spend the night together", "Wat 'e Johr!" und "Denn mer sinn widder wer". Ein schöner Konzerteinstieg und gleich von Anfang an guter, druckvoller und transparenter, aber nicht zu lauter Sound (ein Lob an die Technik). Dass man selbst in Pahlen die Sprache der Songs zum Teil (er)kennt, ist bemerkenswert, selbst einige Jüngere singen (fast) alles mit (vor allem die neueren Titel), während die ältere Generation die entsprechenden Titel ihrer bewegten Zeit mit anstimmt, manchmal etwas leiser und unsicherer, da doch nicht so ganz textfest, als bei Bap-Konzerten üblich, aber dafür sind wir ja auch nicht im kölner Karnevall. Für das "Jaaa" auf die Frage, ob wir denn im Hohen Norden auch Kölsch verstehen, bedankte sich Wolfgang Niedecken mit "Ihr lügt wunderbar." Dennoch scheinen Vielen einige der Texte eine Menge zu sagen. Eine fast familiäre und doch sehr freudig/wache und rücksichtsvolle Stimmung im Publikum. Selten so etwas angenehmes erlebt. Bap gibt im ersten Teil des Konzerts mächtig Gas, die erste längere Geschichte beim Titel "Shoeshine", das Publikum dankt dies mit einem Zwischenapplaus für die mimisch unterstrichene Ansage, beim Doppel "Amerika" und "Mayday" sind dann endlich Band und Publikum richtig zusammen und der Boden für ruhigere Songs wie "Chippendale Desch" und "Do kanns zaubere" bereitet. Kurze Momente der Nachdenklichkeit, aber eben auch Stücke von Lebenswahrheiten, an denen keiner vorbeikommt und die so ausgedrückt, vereinen. Als denn bei der angesagten Vorgeschichte zur "Moritat vun Jan un Griet" einer bei der Frage "kennt ihr kölner Karnevallsbräuche?" laut mit "Allaaf" äußert und dafür eine allgemeine Schmunzeln im Publikum und auf der Bühne erntet, hat die Stimmung im Saal einen echten Höhepunkt (norddeutsche Exstase) erreicht, so dass die weiteren Titel inclusive dem wunderbar in Kölsch / Englisch arrangierten Dylan Song "Vill passiert sickher" (wunderbare Gesangseinlage von Sheryll Hacket) bis zum Ende des offiziellen Sets keine Wünsche offen lassen.
Zwei Stunden Bap, das reichte dem mittlerweile richtig in
Stimmung gekommenen Pahlener Publikum nicht und so gab´s dann noch drei recht unterschiedliche Zugabensets, teils mit bekannten, aber neu gestalteten (selbst der Publikumswunsch "Sichel vum Mohnd" war dabei), teils mit neuen Titeln, so dass nach drei Stunden ein richtig nettes Bap-Konzert vor einem ebenso netten Publikum einen Abschluss fand in dem Versprechen: "Wir kommen wieder und diesmal nicht erst in siebzehn Jahren".