-Fan-Tourtagebuch
Papenburg, 7. Juni 2002
Ein Bericht von Ralf Lukas
Teil 3 der Aff
Un Zo / Övverall Tour ist angebrochen. Nach dem Probegig in Münster läutete
der Auftritt in Papenburg / Ostfriesland den letzten Teil des umfangreichen
Konzertprogramms der Kölner Kultband ein.
Anders als bei den Konzerten in den
kleinen und mittelgrossen Hallen, in denen BAP während der letzten 8 Monate
vorwiegend spielte, erwartete eine ca. 15000 grosse Menschenmenge das von dem
Fernsehsender NDR geplante Rockevent. Anlass
dieses für BAP-Verhältnisse mittlerweile sehr grossen Auftritts war der für
den darauffolgenden Montag geplante Stapellauf des 700 Mio. DM teuren
Luxusdampfers „Brilliance
Of The Seas”, welches nur wenige Meter von dem Open-Air Gelände in der
Meyer-Werft zu Papenburg auf seine
Abfahrt wartete. Der NDR
hatte für dieses Ereignis eine monströse Bühne mit unzähligen Fress-
und Trinkbuden für das Publikum bereitgestellt und gleichzeitig für die
gesetzteren Herrschaften am Freitag BAP und Joe Cocker sowie am Samstag für den
Nachwuchs die No Angels und Sasha engagiert. Für beide Konzertabende wurden ca.
40000 Zuschauer erwartet. Leider
war der Wettergott an diesem Wochenende alles andere als milde gestimmt. Schon
am frühen
Nachmittag verwandelten heftige Regengüsse den Sanduntergrund des
Meyer-Werft-Geländes in eine undefinierbare Mischung aus Matsch- und Schlamm.
Anders als bei dem von den Vorraussetzungen ähnlichen Woodstock-Festval 1969
waren allerdings eher Regenschirme statt Sex, Drugs and Rock´n´Roll angesagt.
Punkt 19.45 betraten dann die Kölner Mundartrocker im strömenden Regen
die imposante Bühne. Niedecken leitete den Set mit einem der Band-Favoriten, nämlich
„Leopardefellhoot“ ein. Nach dem von Wolfgang bezeichneten
Soundcheck-Auftakt gab´s dann was für die Masse mit Hück Ess
Sing Band En Der Stadt und dem darauffolgenden Let´s Spend The Night Together,
natürlich mit Sheryl Hackett in der Hauptrolle. Dank des Stones-Klassikers
hatten die Zuhörer endlich einen Wiedererkennungswert von der Band, die keine
Sau versteht.
Nach
einem kleinen Seitenhieb von Wolfgang´s über alles geliebten Vizemeister
Leverkusen folgte der Oldie „Diss Naach Ess Alles Drin“, wiederum von der
Band in gewohnter Spielfreude vorgetragen. Der „Klebstoffsong“ Eddie´s
Radio-Show rockte wie gewohnt, doch es mögen vielleicht 2 % des Publikums Ansätze
des Textes verstanden haben. Es wurde aber im Gegensatz zu normalen BAP-Gigs
munter weitergerockt. Showstopper wie Bahnhofskino oder Wat E Johr fehlten in
dem regulären Set vollständig. Stattdessen gab es fröhliche Rockmusik mit
Irjenden Rock´n´Roll Band und Ne Schöne Jroos. Erster von der Mehrheit des
Norddeutschen Publikums erkannte Song war natürlich Kristallnaach, bei dem
Niedecken auf die derzeitigen Geschehnisse verwies und es für absolut unglaublich
hielt, dass dieser Song noch einmal einen aktuellen Bezug darstellen könnte.
Es
folgten zwei Kölsche Interpretationen aus Bob Dylan´s d´oeuvre , Vill
Passiert Sickher (My Back Pages) und nach langer Zeit mal wieder Dylan´s grösster
Singlehit Like A Rolling Stone (Wie ´ne Stein). Wie ´Ne Stein wurde weniger
gitarrenlastig als zu Major´s Zeiten vorgetragen. Stattdessen gab es ein
Niedcken Mundharmonikasolo im Stil seines grossen Vorbilds und eine wunderbare
Orgelbegleitung von Michael Nass, was meiner Meinung nach stärker an das
Original angepasst war. Die lange Ansage zu Moritat, bei den anderen Konzerten
regelmässig mit Begeisterung aufgenommen, kam bei der grossen Masse weniger an.
Der Song des Aff un Zo Albums zündete aber wiederum, dank der offensiven
Gitarrenarbeit der Herren Krumminga und Streifling. Helmut Krumminga hatte wie
üblich seinen grossen Auftritt bei Alexandra Nit Nur Do, wo die Leadgitarre
richtig abhob und es entsprechenden Szenenablauss aus dem Publikum gab. Nicht
unerwähnt sollte bleiben, dass der BAP-Gitarrero nur 6 km von der Festivalstätte
aufgewachsen ist und in Papenburg die Schulbank drückte. Also „Heimspiel“ für
den langen Ostfriesen an der Gitarre. Bei
Verdamp Lang Her gab es dann kein Halten mehr, spätestens bei dem Titel hatten
Niedecken und Co die grosse Masse auf ihrer Seite. Der „Klatschmarsch“ Aff
Un Zo beendete dann den regulären Set nach gut 90 min Spielzeit.
Nach
einer längeren Unterbrechung (kurzfristiger Stromausfall) kehrten die 7 Musiker
für 3 weitere Songs auf die Bühne zurück. Do Kanns Zaubere kostete diversen
Feuerzeugen ihr Lebenselixier, Waschsalon erinnerte an vergangene Zeiten und
Jraaduss rundete den kurzen knackigen , aber dennoch sehr guten Gig ab.
Leider
kannte Petrus keine Gnade. Nachdem es während des BAP-Auftritts
zwischenzeitliche Regenunterbrechungen
gab, fing es bei den Zugaben heftigst wieder an zu schütten.
Bluesrocklegende
Joe Cocker begann 30 min nach dem BAP-Set mit seinem Programm, leider unter
widrigen Bedingungen. Viele der vom Regen mürbe gewordenen Zuschauer verliessen
bereits während des Cocker-Gigs das Gelände. Der 57jährige Altstar aus
Sheffield spielte brandneue Songs seines neuen Albums „Respect Yourself“,
untermalt mit einigen Klassikern wie Up Where We Belong, You Are So Beutiful,
Unchain My Heart und selbstverständlich With A Little Help From My Friends.
Herr Cocker hat immer noch sein
unverwechselbares Organ, doch seine Auftritte wirken matter und müder als
beispielsweise vor
10 oder 15 Jahren.
Trotz
des unterirdisch schlechten Wetters wird mir dieses rundum toll organisierte
Konzert gut in Erinnerung bleiben.