-Fan-Tourtagebuch
Rheinbach, 28. Juni 2011
Stadttheater
Ein Bericht von Walter Ludwig
Ja, was schrievt man nooh so enem Ovend?
Begonnen hatte dieser Abend bereits Ende März. Als ich „Für ‘ne Moment“ im
Buchladen abholte, erzählte mir der Buchhändler, dass es ihm gelungen war,
Wolfgang für eine Lesung in Rheinbach zu gewinnen. Bereits Anfang April kaufte
ich als einer der Ersten die Karte.
Ich machte einigermaßen pünktlich Feierabend und düste ausnahmsweise mit dem
Auto und nicht dem Fahrrad nach Hause, Abendessen, mit dem Kindern den Tag
durchsprechen, normaler Familienalltag eben. Doch dann machte ich mich auf den
kurzen Weg nach Rheinbach. Kurz nach Sieben musste ich feststellen, dass doch
schon einige Zuschauer/-hörer vor dem Saal warteten. Da es keine Platzkarten
gab, sicherte frühes Kommen einen guten Platz. Ich erwischte einen in der
zweiten Reihe. Auch in der ersten waren noch einige Plätze frei aber die Höhe
der Bühne macht diese Plätze nicht eben attraktiv.
Nachdem der Platz belegt war schaute ich mich im Publikum um. Aus dem Forum nur
Rasibo mit Schwester und Schwager und Markus Ks, ansonsten eine ganze Reihe
Gesichter aus Bekanntenkreis und Nachbarschaft. Hinter mir saßen ein paar von
Wolfgangs alten Weggefährten. Wilfried Henning und Hein Pelzer, die schon bei
den Troops mit Wolfgang gespielt hatten.
Oliver Kobold hatte wohl andere Termine, daher gab es kein Vorwort. Eigentlich
schade, aber vielleicht ergibt sich ja nochmal die Gelegenheit.
Also kam Wolfgang nach der Ansage des Veranstalters direkt auf die Bühne und
begann mit „Für ‘ne Moment“ einen wundervollen Abend. Nachdem Wolfgang die
Mundharmonika gewechselt und die Brille aufgesetzt hatte, nahm er am Lesepult
Platz und eröffnete die Lesung. Vom ersten Augenblick war ich von dieser
angenehmen, ruhigen, sehr präsenten Stimme fasziniert, wie sie da so locker von
der Zeit an der Kunsthochschule und von den ersten Gehversuchen als Texter
erzählte. „Cowgirl in the Sand / Helfe kann Dir keiner“ folgte und nach dem
Exkurs über seine Kölner Kindheit eine fünfsaitige Version von „Chippendale
Deesch“.
Wolfgang wollte sich seiner eigenen Vergangenheit natürlich nicht entziehen. In
seiner alten Schule – auch wenn es nicht mehr dasselbe Gebäude ist – las er das
Kapitel über seine Zeit im Konvikt. Das war auch für Wolfgang keine Routine, da
schwangen schon schmerzhafte Erinnerungen in der Stimme mit. Im Saal war es
mucksmäuschen still, ein sehr emotionaler Moment. Und dann 'Nie met Aljebra',
gespielt mit einer Intensität, die mir eine Gänsehaut den Rücken rauf und runter
laufen ließ. Am Ende standen mir die Tränen in den Augen.
Danach ging es in der gewohnt lockeren, humorvollen Art weiter, bis nach der
Pause der Bericht über die Kindersoldaten und Nightcommuters in Uganda das
Publikum wieder still und nachdenklich werden ließ. „Noh Gulu“ stellte dann
wieder einen emotionalen Höhe- oder Tiefpunkt – je nach Betrachtungsweise – dar.
Nach dem Bericht über die letzten Kölner Jahre endete die Lesung mit „Noh all
denne Johre / Cowgirl in the Sand“, der Kreis hatte sich wieder geschlossen.
Aber natürlich gab es nach dem Standing Ovation noch eine auf Rheinbach bezogene
Zugabe. Wolfgang berichtete über die Zeit nach dem Schließen des Internates,
seine Freundschaft mit Hille und die Probleme mit den Lehrern, die seinen
Interpretationen von ‚Lieblingsgedichten/-theaterstücken‘ nicht folgen konnten
oder wollten. Musikalisch schloss der Abend mit einer akustischen Version von „Sympathy
fort he Devil“, wofür Wolfgang noch einmal langanhaltenden Applaus erhielt.
Ja, und dann plauderte Wolfgang am Ende noch ein bischen über seine
nachmittägliche Tour mit Wilfried Henning durch Rheinbach, über die
Veränderungen und besonders über den 'Kirmesplatz', auf dem früher immer das
Festzelt stand. Heute finden an diesem Ort neben der Kirmes auch die Rheinbach
Classics – eine Veranstaltung mit alten Autos und Rock ‘n‘ Roll Musik – statt.
Das Plakat für die Rheinbach Classics gefiel Wolfgang aber überhaupt nicht. Das
wolle er für 2012 selbst gestalten, wenn sie denn schon hier spielen würden. Er
verabschiedete sich dann auch mit den Worten „Bis nächstes Jahr“. Also
(voraussichtlich) das Wochenende 13. bis 15. Juli 2012 freihalten. Rheinbach
erwartet das Rudel.
Nachdem ich mich von Ralf und Markus, die schon nach Hause fahren wollten,
verabschiedet hatte, ging ich erst mal frische Luft schnappen Als einer der
Letzten stellte ich mich zum Signieren an. Trotz der vorgerückten Stunde
unterhielt es sich Wolfgang mit mir und erinnerte sich auch daran, dass ich ihn
am C‘Eck um eine Widmung für meine Sohn Timo auf dem Stick vom Kölner
Weihnachtskonzert gebeten hatte. Und das um kurz vor eins, phänomenal.
Dem Abend folgte eine kurze unruhige Nacht mit Regen und Gewitter, ich bin noch
müde aber noch immer von der Lesung beeindruckt. Auch ohne die Band im Rücken
ist Wolfgang nicht nur von seiner Person r sondern auch musikalisch dermaßen
präsent, das ist mir gestern wieder einmal besonders deutlich geworden.
Ich freue mich auf die kommende Tour, vielleicht ein paar Unpluggeg-Gigs im
Winter und besonders auf das Konzert im nächsten Sommer vor meiner Haustür.
Warm Up
Für ‘ne Moment
(Cowgirl in the Sand) Helfe kann Dir keiner
Chippendale Deesch
Nie met Aljebra
Sintflut
Verdamp lang her
Like a Rolling Stone
Maat et joot
Hollywood Boulevard
Noh Gulu
Verjess Babylon
Noh all dänne Johre (Cowgirl in the Sand)
Sympathy for the Devil