-Fan-Tourtagebuch
Wiesmoor
20. August 2004
Veranstaltungshalle
Ein Bericht von Daniela und Thomas Walde
Schon die
Fahrt durch die „platte Walachei“ von Bremen nach Wiesmoor war Balsam für
die alltagsgeplagte Seele – hatte man erst mal den Berufsverkehr um Oldenburg
hinter sich gelassen, breitete sich ein weites, mit würziger Luft durchtränktes,
wunderbares Nichts aus, das Freiraum bot, um sich auf das bevorstehende Ereignis
einzustimmen.
Irgendwie war das Verständnis für die Verlegung von der vielgepriesenen
Freilichtbühne in die Veranstaltungshalle von leichtem Frust begleitet, denn
das Wetter lud eher zum Open-Air ein und die Ausweich-Lokalität ließ schon von
außen einen ziemlich stickigen Abend erahnen. (Hinterher ist man immer schlauer
– es blieb trocken...)´
Nachdem wir in der Sonne sitzend
doch noch eine Art „Freiluft-Soundcheck“ genießen konnten, begann um 19.00
Uhr der Einlass; inzwischen hatte sich eine beachtliche Menschenmenge
angesammelt und auch der Shuttle-Bus aus Cloppenburg (eingesetzt wegen des
abgesagten Termins im Juni) brachte noch einiges an Fan-Gemeinde mit. In der
Halle kam irgendwie der Gedanke an ein Schützenfest auf; klein, niedrig, Wände
und Decken weiß verkleidet, was eine nicht wirklich übermäßig muckelige
Stimmung erzeugte. Und dann die Belüftung! Wahrlich der Hammer! Da wurde echte
Selbstbeherrschung gefordert und zumindest von unserer Position in der ersten
Reihe aus betrachtet, muss das Agieren auf der Bühne ein Höllenritt gewesen
sein.
Trotzdem – nur, um
das gleich vorweg zu nehmen – wir hätten es im Nachhinein nicht anders haben
wollen. Es muss nicht immer die aufgebrezelte Halle sein – der Stimmung konnte
die Lokalität jedenfalls nichts anhaben. Improvisiert und doch hervorragend
geplant bis hin zur Klofrau, die sich den Riesenapplaus wahrlich verdient hätte
(nicht nur, weil’s Mengenrabatt gab...) – leider kam der im Programm nicht
vor.
Dafür ging’s mit „Jedenfalls vermess“ zügig zur Sache – gibt es einen
treffenderen Einstieg? Danach wurde es für die, die der Hallentour schon
beigewohnt hatten, überraschend. Die gewohnte Setlist kam reichlich durchgeschüttelt
daher; ein fantastischer Umstand, der für den geplanten lauen Sommerabend
besser nicht hätte sein können!
Das frühzeitig im Hauptblock platzierte „Helfe“ kam schön eingebettet und
ohne Kloß im Hals rüber; ein ruhiger Genuss. Auch „Paar Daach fröher“ und
„Souvenirs“ waren überraschende, gut eingestreute Augenblicke, die den Puls
wieder auf Normalkurs brachten. Nicht schlecht gestaunt haben wir über „Ens
em Vertraue“. Klasse, dass das verstaubte Stück mal wieder richtig Luft
gekriegt hat – ein wirklicher Kick! Michael Nass muss ein riesiges Kompliment
ausgesprochen werden (wir könnten uns stundenlang darüber auslassen). Was die
Tasten angeht, kriegt es keiner luftiger, verschmitzter und einfühlsamer hin,
was uns bei „Alexandra“ jedes Mal das rudimentäre Fell aufstellt. Überhaupt
das Bandgefüge! Als „alte Hasen“ haben wir uns nicht vorstellen können,
dass BAP sich eines Tages selbst toppen würde. Nach einigen erlebten Konzerten
dieser Tour staunen wir immer noch, wie die Band, erfahren und doch reichlich
frisch, wie aus einem Guss auf der Bühne steht. Das tragende Element ist die
leider viel zu wenig im Rampenlicht stehende Rhythmussektion Jürgen Zöller /
Werner Kopal, die auch in Wiesmoor mit Perfektion ihren Dienst taten. Eine
geniale Grundlage für Helmut Krummingas Heimspiel – brillante Gitarrenarbeit
ohne Selbstdarstellung! Und noch was: Der Mann kann singen! Bei „Helden/Heroes“
haben wir ziemlich gestaunt, welche Kraft da ins Mikro strömte (nur am
Mischpult hätte man es da mit dem Publikum etwas besser meinen können). Eine
wuchtige Version! Auch nachher, draußen vor der Halle, vernahm man allgemeine
Begeisterung über diesen Song. Noch ein Bravourstück: „Kristallnaach“ war
der Knaller. Ein Fall zum Niederknien. Schade, dass Helmut seinen Spielrausch
irgendwann zügeln musste!
Wolfgang Niedecken erschien uns eine Spur nachdenklicher als sonst. Lag
vielleicht an der Uganda-Reise, über die wir gerne mehr gewusst hätten.
Stimmlich aber war der „Moderator“ eine Bank – und das bei dieser üblen
Luft, wo doch gerade die Forderung nach einem neuen Aufguss die Runde machte...
Nach so viel Exotik in Afrika hatte Wolfgang aber auch noch ein Ohr für Helmuts
angepriesene Romantik der Ostfriesen. Dass im hohen Norden aber auch Dynamik am
Werk ist, hat das Publikum bewiesen. Mag das Durchschnittsalter vielleicht auch
etwas höher gewesen sein als anderswo, die Stimmung war gut und auch die
Hausaufgaben in Sachen Kölsch waren ordentlich erledigt. Nette Menschen –
zumindest sind wir nur auf solche gestoßen.
Als nach 3 Stunden (inklusive SONX-Druck, Liebeslieder im Sitzen,
„Uralt-Oldies“ und Dylan-Abteilung) Schluss war, stand für uns fest, dass
mal wieder der Dienstplan umgerührt werden muss, damit das nächste Konzert
besucht werden kann. Nach einigen Großstadt-Konzerten war dies hier auf
Minimalbühne eine Abwechslung, die wir nicht missen möchten. Nur ein Open-Air,
das muss jetzt noch sein.
Und: Wie stets beauftragt
empfehlen wir die Kapelle guten Gewissens weiter...!