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Zürich, 26. November 2008
Volkshaus

Ein Bericht von Thommy Kunz

1. Auslandeinsatz für Radio Pandora

Das Zürcher Volkshaus war seit je her eine gute Location für BAP. Hier haben Wolfgang Niedecken und seine Band zwischen 1991 und 2004 schon 6 mal gespielt und nun steht Heute also das 7. Gastspiel an. Das Konzert ist beinahe ausverkauft. An der Abendkasse sind noch ein paar wenige Karten erhältlich. Nach Neuried und Gissen und drei Konzerten Unterbruch steht auch Anne de Wolff wieder auf der Bühne. Irgendwie habe ich das Gefühl, wir sind in der Schweiz etwas privilegiert. Schon im Juli 2008 durften wir in Appenzell einen kleinen Vorgeschmack von Radio Pandora erleben. Auch damals schon mit Anne de Wolff. Und nun zum ersten mal auf der offiziellen Radio Pandora Tour 2008 also in Zürich ! Kleine Unsicherheiten seitens der Securitiy Männer gleich am Anfang. Irgend jemand muss die Leute falsch instruiert haben. Die blauen Computerkarten sollten an der Kasse gegen offizielle – Rote eingetauscht werden. Eine Fehlinformation wie sich später herausstellt. Diese sorgt aber für Aufregung beim Eingang, weil viele Besucher, welche auf einen Platz in der ersten Reihe aspirieren eine eben solche – blaue Karte in den Händen halten. Glücklicherweise entschärft sich die Situation als die Türsteher kurz vor Einlass doch noch richtig instruiert werden.

Das altehrwürdige Volkshaus öffnet sich den Fans und nimmt uns freundlich auf ! Im Foyer stehen Mitarbeiter von „Concert online“, mit Informationen zum Konzertmitschnitt, der auch Heute in Zürich gemacht wird. Es wird kein Verkauf geben, weil die Zollformalitäten viel zu aufwendig sein sollen. Der Mitschnitt kann aber via Internet entweder auf einem Stick oder als Download bestellt werden. Auch das Büdchen sucht man (wie immer in der Schweiz) vergeblich. Ebenfalls Zolltechnische Gründe ! Schade, denn nicht jeder der Konzertbesucher fährt auch zu Konzerten in Deutschland, wo man sich mit Shirts und Tassen, Schals und was weiss ich sonst noch für Artikeln eindecken kann. Entsprechend „zivil“ steht das Publikum zwischen 19:00 und 20:00 im Volkshaus bereit. Viele Deutsche, die in Zürich und Umgebung ihren Lebensunterhalt verdienen haben den Weg hierher gefunden. Gleich neben mir, in der zweiten Reihe steht ein junger Mann aus Köln. Einige der üblichen Verdächtigen aus dem BAP Forum sind aber aus Deutschland angereist. Und dann – doch auch erstaunlich viele Schweizer, die erwartungsfroh erwarten, was uns hier und Heute geboten werden soll. Friedliche Stimmung im Saal. Einige haben sich im Foyer noch mit Bier oder anderen Getränken versorgt. Ein örtlicher CD Dealer hat seinen Stand aufgebaut. Ein breites Sortiment an CD’s und DVD’s ist deshalb trotz Absenz des Büdchens erhältlich ! Über der Bühne leuchtet der überdimensionale Pandora Koffer als Einstimmung auf den Abend.

Um 20:00 wird es dunkel im Volkshaus. Das Intro – diese Textpassage aus dem Kerouac Klassiker „on the Road“ gelesen von der warmen, ruhigen und etwas rauchigen Stimme von Christian Brückner. (die deutsche Synchronstimme von Robert deNiro) Dezent unterlegt mit „Blue in Green“ von Miles Davis. Wer sich gehen lässt, wer zulässt, dass ein Konzert nicht mit einem Knall, sondern mit einem andächtigen, ruhigen Intro beginnt, für den öffnet sich das Erlebnis – Radio Pandora auf einzigartig würdige weise ! Der Übergang zu „Wat für e’ Booch“, dem ersten Stück auf der Setliste gelingt und passt ! Die Party ist somit lanciert ! Das Zürcher Publikum braucht etwas Anlaufzeit. Aufmerksam und gespannt liegt die Stimmung über dem Publikum im Saal. Der Spannungsbogen funktioniert mit etwas Verzögerung und nach „Musik, die nit stührt“ scheint Wolfgang Niedecken die Fans im Griff zu haben. Freundliche Worte zur Begrüssung und einige Blicke auf den Balkon, wo jemand eine Kölnflagge gehisst hat, folgen ! 9 Stücke vom neuen Album (zwei davon mit Anne) und der Dylan Klassiker „für immer jung“ sowie die alten Stücke „Bahnhofskino“ und „rääts un links vom Bahndamm“ im ersten Set ergänzen die obligatorischen Klassiker und ergeben gesamthaft eine musikalische Reise, auf die man sich gerne mit nehmen lässt ! Es fehlt „noh Gulu“ ! Diese Nummer, welche schön zum Ausdruck bringt, was den Meister selbst in den letzten Jahren beschäftigt hat und mit dem er schon auf der Festivaltour zu 3 x 10 Jahre dem Publikum eine Freude bereitet hat, wird in Zürich durch „Alexandra“ ersetzt. Der Grund liegt wahrscheinlich darin, dass der Infostand von World Vision genau gleich wie das Büdchen und „Concert online“ Zuhause geblieben ist. „Noh Gulu“ wird auf der Tour eine art Brückenfunktion haben zur Zusammenarbeit mit World Vision. Darum hat Wolfgang wohl darauf verzichtet. Im Zugaben block überraschen vor allem „ens im Vertraue“ mit Anne und eine neue Coverversion. „Millione Meile“ ursprünglich von Rory Galagher. Eine unendliche Spielwiese für Helmut Krumminga, der diese Herausforderung meisterlich löst. „a million miles away“ ist einer der absoluten Höhepunkte des Abends und das Zürcher Publikum tobt und spendet angemessenen Applaus ! Zum Abschluss Spielt die Band noch ein Stück aus längst vergangenen Zeiten. Wunderschön arrangiert und mit einem Erdball, der sich hinter der Bühne auf der Leinwand dreht. Wir erleben die Wiederauferstehung von „wie’ne blaue Ballon“. Noch einmal mit Annde de Wolff auf der Bühne und Jürgen Zöller, der sich nach vorne zur Band gesellt.

Ein Eindrücklicher Abend mit einem Wechselbad der Gefühle. Viele der Geschichten, welche uns geboten werden sind eher nachdenklich. Musikalisch edel verpackt. Mal rockig, mal ruhig. Die Spannung läuft wie ein roter Faden durch das Programm. Mir fällt auf, dass Michael Nass häufiger zu seiner Hammondorgel greift. Dieses Instrument passt hervorragend ins Programm und dank des Lesliekabinetts kommt der Klang auch angemessen zur Geltung. Helmut Krumminga wechselt immer noch häufig seine Instrumente. (In vielen Kommentaren habe ich gelesen, dass es zu Unsicherheiten mit der Technik komme, weil Helmut immer Signale Richtung Mischpult gebe. In Wirklichkeit gibt er aber mit diesem Handzeichen ein Signal an die Band – und insbesondere an Jürgen Zöller, dass er mit dem Instrumentenwechsel fertig ist und die Einstellungen am Effektenbrett abgeschlossen hat und somit bereit ist für den nächsten Titel) Als einziges Instrument hat er Heute seine Dusienberg Shelby Straight8 (die schöne blaue, mit den weissen streifen) nicht benutzt. Sonst sind die Fenders und Gibsons vollzählich am Start. Auch die Resonatorgitarre ist dabei ! Ich finde, dass der Wechsel vom ENGL Equipment zur guten alten Marshall Kombination gelungen ist. Helmut spielt mehrheitlich Fender Gitarren und da – mein ganz persönlicher Eindruck passen die Marshalls einfach besser. Bei Werner Kopal wundere ich mich, dass seine akustische Bassgitarre (er besitzt eine Warwick Alien Acoustic) nicht zum Einsatz kommt. Immerhin hat er sie im Studio bei den Pandora Aufnahmen gebraucht. Sie hätte nach meiner Meinung hervorragend gepasst. Werner spielt seine zwei üblichen Sandberg 5String Bässe. Jürgen Zöller selbst. Es ist einfach auf den Punkt zu bringen. Keine Überraschungen beim Drummer ! Enorm hoher Zappelfaktor ! Breitestes Grinsen hinter der Küche und die üblichen Neckereien ! Jürgen ist und bleibt ganz sich selbst ! Anne de Wolff, insgesamt bei 7 Stücken auf der Bühne hätte ich mir etwas häufiger gewünscht. Anne war wie immer Präsent und mit viel Feingefühl bei der Sache ! Wieder einmal mehr ein absoluter Gewinn für die Musik ist auch ihr Backgroundgesang ! Und Wolfgang ? Klar ! Mit Pandorahut. Der Name ist Programm ! Keine besonderen Vorkommnisse beim Meister. Souverän und locker hat der das Konzert in Zürich von Anfang bis Ende mit viel Freude gemeistert ! Seine Ansagen kommen auf den Punkt, so wie man es von ihm kennt. Viel persönlich erlebtes, etwas smaltalk mit dem Publikum. Hier hat er seinen Stil längst gefunden und braucht nicht zu experimentieren.


Ein paar Grundsätzlichkeiten: Das Set enthielt keine Nennenswerten Stolpersteine. Für alle war etwas dabei. Logisch, dass die ganz Unheilbaren gerne auf „verdamp lang her“ oder „zaubere“ verzichtet - und dafür ein/zwei Pandora Songs mehr gehört hätten. Allerdings besteht das Publikum ja nicht nur aus Unheilbaren, sondern auch aus Menschen, die sich gerade auch auf diese Klassiker freuen. Die Mannschaftsaufstellung ist in der neuen Tour aus dem Programm geflogen. Es gibt wieder eine normale Bandvorstellung. Gut so ! Die Bühnenbeleuchtung ist spartanisch wirkungsvoll. Keine Experimente. Der Beamer, welcher die Grafiken zu den jeweiligen Stücken auf die Leinwand hinter der Bühne wirft hat mich auch beim zweiten Konzert, welches ich in der laufenden Tour besucht habe überzeugt. Der Lichtmeister hat sein Metier im Griff ! Der Sound war – soweit ich das in den vorderen Reihen beurteilen konnte gut. Nicht zu laut und ausgewogen. Was ich der Band hoch anrechne und eigentlich eine – etwas in Vergessenheit geratenen Tradition war – sind die Credits im Abspann auf der Leinwand. Schöne Idee, die Namen aller, an der Tour beteiligten Personen zu erwähnen. Wohl wahr, die Stars spielen auf der Bühne und wir kennen sie alle ! Ohne Caterer, Ton und Lichtingenieuere, Fahrer und andere Helfer ist eine solche Tour aber nicht zu stemmen ! Daher gebührt auch ihnen Dank und Erwähnung !

 

 

Fotos von Georg Kruse