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„Familie haben wir alle. Sie ist die Konstante, die unser Leben begleitet.
Wir lieben sie, wir brauchen sie – und gelegentlich leiden wir mit ihr, manchmal
auch unter ihr. Bei Wolfgang Niedecken ist das nicht anders. Und da seine Arbeit
immer auch autobiografisch geprägt war, hat der Kölner Songwriter im Lauf der
Jahre viele Lieder geschrieben, in denen seine Familie eine Rolle spielt. 13 von
ihnen hat er nun für Das Familienalbum neu aufgenommen. Und einen hat er extra
für diese Songsammlung geschrieben. Der nachdenkliche Opener Reinrassije
Strooßekööter beginnt dann auch mit einem verstaubten alten Pappkarton, oben im
Regal. Darin alte Fotos mit gewelltem Rand... Wolfgang Niedecken: „Der Song
stellt meine Ahnen, meinen Stamm vor, und er erwies sich als ideales Intro für
all die Geschichten des Albums und die verschiedenen Aspekte des Themas.“
Introvertiert im Erzählton und lebhaft in der musikalischen Umsetzung lässt Das
Familienalbum Bilder, Szenen, Anekdoten und Erinnerungen vorüberziehen. Da gibts
Southern Rock (Für`ne Fründ), „Cajun-Punk (Jebootsdaachspogo) und New Orleans
typisches Gebläse (Wie schön dat wöhr). Da tauchen Orte auf wie das Severinstor
und das elterliche Lebensmittelgeschäft, dazu Mutter Hubertine und Vater Josef,
Tante Netta, Onkel Fritz, ein kleiner Junge mit Faconschnitt und Lederhosen –
Figuren wie sie ein jeder von uns in der Erinnerung mit sich trägt. Und
natürlich ein paar Klassiker aus dem BAP-Repertoire: der gute alte Chippendale
Desch, das Bahnhofskino, der Chlodwigplatz und einige mehr, nicht zuletzt Et ess
lang her, das Niedecken 2016 für das bislang letzte BAP-Album Lebenslänglich
schrieb und das die Entstehungsgeschichte des wohl bekanntesten BAP-Songs
Verdamp lang her erzählt. Wolfgang Niedecken: „Die x-te Version von Verdamp lang
her hat es für dieses Album nicht gebraucht, obwohl das ja nahegelegen hätte.
Ich war aber mehr an den Songs interessiert, die meinen heutigen Blick auf die
Familie reflektieren.“
So wurde Das Familienalbum in gewisser Weise zur Fortsetzung von Zosamme alt,
für das Niedecken Songs, die er für seine Ehefrau Tina geschrieben hat, auf
ähnlich intime Weise neuinterpretierte. Auch auf dem neuen Album bekommt sie ein
besonderes Ständchen: Et ess wie et ess erhielt für seine Neuauflage ein
fröhliches Bläserarrangement und ein fast schon karibisch anmutendes
Rhythmusgewand – mit ’nem schönen Jrooß aus New Orleans sozusagen.
Die Produktion von Das Familienalbum fand im Mai 2017 im dortigen Esplanade
Studio statt. Als Produzent und Arrangeur fungierte Niedeckens alter Freund
Julian Dawson, der überdies Gitarre, Dobro und Harmonica beisteuerte. Zur Band
gehörten außerdem Hochkaräter wie Eagles-Sideman Steuart „Spider“ Smith
(Gitarre, Piano, Hammond, Keyboards), Bassist Roscoe Beck (Leonard Cohen, Dixie
Chicks) und Drummer J.J. Johnson, der bereits in den Bands von John Mayer und
Doyle Bramhall II für die passenden Gooves sorgte.
Hinter dem Pult saß mit dem zweifachen Grammy-Gewinner Stewart Lerman ein Mann,
der nicht nur bereits mit dem Who’s Who der internationalen Musikszene
arbeitete, darunter Patti Smith, Elvis Costello und Liza Minelli, sondern auch
für den Soundtrack der 70s-Serie „Vinyl“ verantwortlich zeichnete. Wolfgang
Niedecken: „Stewart war ein absoluter Glücksfall für dieses Projekt. Mit seinem
grandiosen Netzwerk besorgte er uns neben der eigentlichen Band noch weitere
phantastische Musiker, zum Beispiel Pedal-Steel-As Milo Deering und den
Zydeco-Akkordeonisten Dwayne Dopsie.“
Ein Schaulaufen der versammelten Musiker-Elite ist Das Familienalbum dennoch
erfreulicherweise nicht geworden. Im Gegenteil: Mannschaftsdienlichkeit war
Trumpf in New Orleans, die Geschichten der Songs und ihr Vortrag gerieten bei
den 14 Aufnahmen nicht für einen Moment aus dem Fokus. Wolfgang Niedecken: „Es
war ein wunderbares Gefühl zu erleben, wie jeder einzelne dieser erfahrenen
Musiker sein großartiges Können und all sein Herzblut in die Songs gesteckt
hat!“
Das Familienalbum wurde zur Zeitreise durch den Niedeckenschen Kosmos. Eine
Familienchronik ist diese Songsammlung jedoch nicht. Vielmehr ist sie ein
buntes, mit liebevollem Blick aufs Detail eingerichtetes Kabinett aus Bildern,
Figuren, Erinnerungen und Einsichten geworden, die das Thema Familie auf
unterschiedlichste Weise schattieren – emotional, eindringlich und universell.
Denn wie gesagt: Familie haben wir alle." |