Nach meinen "persönlichen
Song-Zeitreisen" zurück in die Jahre 1981- 84 zu den Songs und
Texten der Alben
„Für usszeschnigge“, |
2016 |
"Schrääsch hinger mir"
(2016)
Vom 19. September 1987 (St.
Wendel) bis zum 1. September 2014 (Bochum)
war Jürgen Zöller der Schlagzeuger bei BAP. „Es ist wirklich ein Stück, das ganz, ganz vom Herzen kam. Der Jürgen hat sich auch wirklich drüber gefreut. Das ist ihm richtig in die Seele gegangen. Das muss man ja auch spielen. Ich bin mit dem Mann fast 30 Jahre bei Bap zusammen. Irgendwann hat er entschieden, dass er mal ein bisschen kürzer treten muss. Da kann ich nicht einfach sagen: „Okay, auf zum nächsten Thema.“ In aller Form muss man das ja auch mal würdigen. Vor allen Dingen: Wir sind nach wie vor wirklich gute Freunde.“ Wolfgang Niedecken in der „Rheinpfalz“ vom 10.11.2016
St. Wendel, 19. September 1987, erstes BAP-Konzert mit Jürgen Zöller: Setliste „Express“: “Abschied nach 27 Jahren“
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"Alles relativ"
(2016)
„Inspiriert durch ein Foto, das ich wieder gefunden hab. ... Dieses Foto, wo ich in der Schule sitze vor dem aufgeschlagenen Schulbuch und der Fotograf war da und fotografiert mich als diesen blonden, kleinen Jungen, der behütet und verwöhnt ist und der noch gottweiß welche Flausen im Kopf hat, völlig verspielt … Dieses Foto hatte ich wieder gefunden, wollte es gerade zum Rahmen bringen und es lag vor mir und es kam neue Musik rein… Was fange ich mit der Musik an? Am besten mal den ersten Satz „Dämm blonde Jung, dä ich ens woor, behütet un verwönnt …“ und der Rest hat sich von selbst geschrieben.“ Wolfgang Niedecken in „NDR1 - Radio Mecklenburg Vorpommern“ am 28. Januar‘16 „Es ist meine Biografie in acht kurzen Strophen. Die Erkenntnis aus dem Stück ist: In dem Moment, in dem du erkennst, dass alles relativ ist, wirst du erwachsen.” Wolfgang Niedecken in einem Artikel der „City News“ vom 4. Mai‘16
"Alles relativ" bei "NDR1 - Radio Mecklenburg Vorpommern" (28.01.2016) Trailer (und Foto daraus!) zu "Alles relativ" (15.01.2016)
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2011 |
"All die Aureblecke"
(2011)
„Ich wachte an diesem Morgen auf, und sofort schoss mir durch den Kopf: „Heute vor 25 Jahren ist Heinrich Böll gestorben.“ Ich hatte in den Tagen zuvor viele Böll-Würdigungen in den Zeitungen gelesen. Aber ich hatte in diesem Moment keine trübsinnigen Gedanken, im Gegenteil. Ich dachte an meine Begegnungen mit Böll und daran, wie er mich geprägt hat. Es war eigentlich ein unfassbar schöner Moment. Dann stand ich auf, schrieb alles auf, was mir durch den Kopf gegangen war.“ Wolfgang Niedecken in der "Frankfurter Rundschau" am 03.02.2019
Live in der „Philharmonie München“ am 17.04.2017
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2001 |
„Wat schriev mer en su enem
Fall?“ ("Famous blue raincoat“)
(2001)
"Und zwar ist das ein Song, den wir ganz am Schluß noch aufgenommen haben, als wir festgestellt haben, es ist noch Platz auf dieser Doppel-Vinyl-Scheibe , also sozusagen der Bonus-Track. Ein Stück von Leonard Cohen, das ich direkt am Anfang unserer Session-Zeit da übersetzt habe, weil dieser Raum so schön war und die Crew noch nicht so weit war mit dem Aufbauen. Denke, jetzt mußte irgendwie mal sehen, daß du Leonard Cohen's "Famous Blue Raincoat" eingekölscht kriegst. Und das hat sich als gut erwiesen, weil dann hatten wir auch das Stück, welches die 16 vollmachte, damit man auf jede Seite vier kriegte." Wolfgang Niedecken beim WDR2-Unplugged-Konzert am 10.Juni 2001
„Irgendwann
in den frühen 1970er Jahren stahl ein Dieb Leonard Cohens alten
Regenmantel aus Marianne Ihlens New Yorker Wohnung. Was dann damit
geschah, weiß nur Gott allein. Aber der Dieb hatte mit ziemlicher
Sicherheit keine Ahnung, dass er ein Objekt stahl, das in die Rock
and Roll Hall of Fame gehört. Wenn nicht sogar ins Smithsonian.
„Wat schriev mer en su enem Fall?“ „Youtube“-Video von „redbossfan“
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"Dir allein"
(2001)
""Dir allein" ist die letzte Nummer auf der CD-Ausgabe, die Vinyl-Fassung hat ja noch zwei Titel mehr. Wie "Wat e'Johr" aus den Wellen kommt, so geht "Dir allein" in die Wellen zurück. Eine fast religiöse Nummer. Sie handelt von dem Moment, wo man nachts das Licht ausgeschaltet hat und mit sich selbst spricht und wohl so ehrlich ist, wie man den ganzen Tag über nie sein konnte. Man fummelt ja sich doch immer wieder ein bißchen durch, trickst sich selbst aus und nur so funktioniert es. Aber dann dieser magische Moment, wenn das Licht aus ist und man über die Dinge nachdenkt, die einen wirklich berühren. Das kann schon wie ein Gebet sein. Dieser Moment gehört einem ganz allein. Und damit klingt "Aff un zo" dann in der Brandung von Cala San Vicenc aus."" Wolfgang Niedecken auf der Website von "MusikWoche.de", 31. Mai 2001
"Und das letzte Stück, das man auf dem Album hört ist ein ähnlich besinnliches, was allerdings dann am Schluß noch mal richtig in die Kurve geht und dann endet mit diesen Wellengeräuschen, die der Mitabeiter Streifling fleißig gesammelt hat. Er ist mit einem Mini-Disc-Gerät ganz nah an die Wellen von Cala St. Vincente gegangen und hat das für euch mitgebracht. ... Es ist also von diesem wunderbaren Moment die Rede, wenn das Licht aus ist, wenn man im Bett liegt und keiner will was von einem und man ist so ehrlich zu sich, wie man sonst wahrscheinlich den Rest des Tages nicht war, denn dann macht man sich nichts vor. Es ist fast ein spiritueller, fast ein religiöser Moment - wie ich als ehemaliger Katholik sagen könnte."
Wolfgang
Niedecken beim WDR2-Unplugged-Konzert am 10.Juni 2001
"Dir allein" (Köln Arena 2001)
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"Chippendale Desch"
(2001)
"Der "Chippendale Desch" ist ein Teil, das die BAP-Fans wahrscheinlich schon vom "Salzjebäck un Bier"-Cover her kennen - dort ist ein Viertel dieses besagten Tisches von oben abgelichtet,, an dem ich meine Kindheit und Jugend verbracht habe. Teilweise hatte ich einen ziemlichen Horror davor, an diesem Tisch den Rest meines Lebens ab enden zu müssen. Im übertragenen Sinne: Ich hatte Angst, nie aus dieser damals als ziemlich spießig empfundenen Atmosphäre herauszukommen, etwas anderes zu erleben. "Salzjebäck" erschien 1984, mittlerweile haben wir 2001. Meine Mutter ist im vergangenen Jahr gestorben, wie überhaupt einige Menschen, die mit BAP zu tun haben, im letzten Jahr geboren wurden oder gestorben sind. Es geht auf und abwärts, Licht und Schatten, eins kommt zum anderen....Jedenfalls hat meine Mutter mir nicht nur diesen Chippendale Desch vererbt. Aber natürlich auch ihn; den wollte ich unbedingt haben. Der Tisch stand bis zuletzt auf ihrem Zimmer. Wie das so ist, wenn ausgerechnet die Mutter als Letzte ihrer Generation stirbt und man die ganze Wohnungseinrichtung vererbt bekommt - man findet die Briefe und die Fotos und reimt sich die Geschichte des Menschen zusammen, mit dem man am meisten zu tun hatte. Und wenn wir ehrlich sind - mit wem hat man mehr zu tun als mit seiner Mutter, wenn sie lange genug lebt. Und ihr Lebens rekonstruiert sich anhand dieser, wennn Du so willst, Souvenirs und man kriegt es hoffentlich in die richtige Gewichtung. Man muss wissen, dass meine Mutter eine sehr lustige Frau war. Sie hätte niemals gewollt, dass wir ein Trauerlied schreiben, wenn sie mal - wie sie immer sagte - "en der Kess litt". Die Nummer fängt bedächtig an, steigert sich und schon ist das Ganze eine Party. Wir haben während der ganzen Arbeit an dem Stück immer wieder gesagt: 'Sie müsste es gut finden!' Und unter diesem Gesichtspunkt hiess es immer wieder: "Nä, das würde sie noch zu lahm finden, da muss noch ein Löffelchen drauf..." Und so ist das Stück auch geworden, eine Party." Wolfgang Niedecken auf der Website von "MusikWoche.de", 31. Mai 2001
"Erstaunlich beliebt beim Publikum, obwohl dieser Song über acht Minuten lang ist und man sehr aufmerksam zuhören muss. Bei einer Umfrage zum Ende der Aff-un-zo-Tournee landete „Chippendale Desch“ in der Gunst des Publikums weit oben. Der Song ist quasi die Biographie meiner Mutter, die kurz vorher gestorben war, erzählt anhand verschiedener Erbstücke, denen man bei einer Wohnungsauflösung begegnet, vom ereignisreichen Leben dieser wirklich starken Frau. Den Tisch hatte ich mir schon 1984 als Covermotiv für „Zwesche Salzjebäck un Bier“ ausgeborgt. Das war der Tisch, an dem ich gelitten habe, den ich auch ungeheuer spießig fand, aber an dem alles Wichtige passiert ist. Meine Mutter hat mir damals gesagt: „Irgendwann willst du den haben“. Tatsächlich steht er heute bei mir." Wolfgang Niedecken - "Song by Song" zum "NiedeckenKoeln"-Album 2004
Wolfgang Niedecken im Kino "Babylon" in Berlin (07.06.11)
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"Suwiesu"
(2001)
"In "Suwiesu" steckt auch die Zeile "aff un zo" drin. Ich hatte sie da bewusst eingearbeitet, damit sie auf dem Album wenigstens einmal vorkommt. Das Stück handelt von einem Rheinschiffer, dessen Gene seit Generationen den Rhein auf- und abwärts fahren. In diesem speziellen Falle kämpft sich das Schiff flußaufwärts. Dieses Thema interessierte mich. Der Name Sisyphos fällt in dem Song. Es war eine sehr schwere Nummer. Das gegen etwas ankämpfen, sich durchbeissen war mein Thema. Damit bin ich eine Zeit lang schwanger gegangen. Und eines Tages auf dem Fahrrad rheinaufwärts Richtung Godorf fiel der Groschen. Das war's - diese Schiffe, die den Fluss hochtuckern. Wenn man nahe am Rhein lebt, kann man auch in der Nacht die Motoren dieser rheinaufwärtsfahrenden Schiffe hören. Dieses Geräusch mochte ich schon immer sehr gern." Wolfgang Niedecken auf der Website von "MusikWoche.de", 31. Mai 2001
Leider bin ich bei der Spurensuche nach dem
Video der
Doku „Alles ist im Fluss - Wolfgang Niedecken zum 70.“
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"Souvenirs" (2001)
"Wat wohl Carlos enn Managua määt?" "Ich nehme an, das mit dem Sammeln von Souvenirs oder Andenken ist eine weitverbreitete Unsitte, aber keinem wird es so gehen wie mir, denn ich sammle so ziemlich alles und man trägt mir auch immer alles zu, damit ich noch ein bißchen mehr in den Regalen stehen habe. Es ist wunderbar, denn ich brauche das anscheinend. Ich muß da langsam mal lernen dazu zu stehen. ... Ihr kennt das auch: Man hat Sachen da rumliegen, die einen an Leute erinnern. Es gibt Sachen, die trägt man auch nur als Souvenir im Kopf mit sich rum. Und dieses Stück hier wimmelt von Souvenirs. Es kommen Leute vor, an die ich jahrelang nicht mehr gedacht habe - erst als ich angefangen habe zu der Musik vom Jens diesen Text zu schreiben. Beispielsweise kommt einer drin vor ... , ein Typ aus Managua: Als wir '87 mit den Complizen unterwegs waren in Nicaraqua und wir spielen im "Cine Altamira" in Managua, dachte ich: "Warum in aller Welt ist nach jedem Stück ein Stromausfall? Wie kann es kommen?" Nachdem das so und so oft mal passiert war bin ich dann nach hinten gegangen und hab mal geguckt und ohne Übertreibung, es stand ein sehr kräftiger Mann, der Rowdy der Band, mit der wir da zusammen unterwegs waren, namens Carlos und tatsächlich: Er hat es geschafft in diesem völlig heruntergekommenen Kino den Strom wenigsten für uns in der Form pro Stück zu sichern, weil er rechts und links vom Sicherungskasten diesen dicken Draht hatte und den immer aneinander hielt solange bis das Stück zu Ende war und wenn das Stück zu Ende war, mußte er nachfassen. ... Ich habe mir von dem Mann ein Autogramm geholt und das ist auch eins dieser Souvenirs von dem die Rede ist: Das ist Carlos aus Managua. Wenn ihr aufpaßt, werdet ihr ihn im Text wiederfinden." Wolfgang Niedecken beim WDR2-Unplugged-Konzert am 10.Juni 2001
Dokumentation "BAP in China" (1987)
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"Istanbul"
(2001)
"Beim nächsten Stück haben wir eine Nacht-Session gehabt. Das war wunderschön: Draußen hat es gestürmt und wir haben nicht damit gerechnet, dass in der Nacht noch schönes Wetter kommen würde, aber es kam dann, als wir fertig waren, als wir sechs oder sieben Versionen eingespielt hatten. Als wir herauskamen war strahlender Sternenhimmel und das passte wunderbar zu dem Stück. Das ist ein Stück, das handelt von den Deformationen, die einem passieren können, wenn man länger in diesem Showbusiness unterwegs ist. Es ist zusammengesetzt aus verschiedenen Personen, die ich natürlich alle kenne, aber es ist nicht von einer Personen die Rede - es ist beispielsweise auch von mir die Rede. Das Stück heißt "Istanbul" und handelt an einer Stelle von ein paar Jungs, die Anfang der siebziger Jahre am Bosporus gestanden haben und gedacht haben: "Wow, da drüben fängt Asien an!" - und diesen Augenblick darf man nie vergessen..." Wolfgang Niedecken beim WDR2-Unplugged-Konzert am 10.Juni 2001
""Istanbul" ist ein Stück, das von den Deformationen handelt, die einem widerfahren können, wenn man in diesem Showbusiness arbeitet und lebt. Die beschriebene Person ist zusammengesetzt aus vielen verschiedener Personen und ich glaube an der einen oder anderen Stelle bin ich auch dabei. "Istanbul" ist ein sehr nachdenkliches Stück, aber das musste einfach mal sein." Wolfgang Niedecken auf der Website von "MusikWoche.de", 31. Mai 2001
Beim "Konzert an der toten Brücke" bei Euskirchen
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"Eddie's Radio Show" (2001)
""Eddie's Radio Show" ist eine Hommage an die alten Radiozeiten, wo man noch mit Freude Radio hören konnte, weil man im Äther wirklich erfahren konnte, was musikalisch und sonst so abgeht. Das trifft ja heute leider nicht mehr zu, oder zumindest nur bedingt. Man muss wirklich ganz genau wissen, wann man einschaltet, um Radio in dieser Form zu hören. Früher war es halt so, dass die Kollegen im Radio mir erzählten, was musikalisch in der Welt passierte. In den Siebzigern während des Malens lief ständig das Radio und man konnte Reportagen hören, Berichte über Musik, die man noch nicht kannte, und Länder, wo man noch nicht war. Das war wirklich interessant. Und meistens bin ich danach auch losgerannt und habe mir das entsprechende Material besorgt: Platten, Bücher, usw. Dieser Song ist eine Hommage an die Jungs, die damals zu uns sprachen, und die heute leider oft nur noch als Werbe Jingle-Sprecher zu hören sind." Wolfgang Niedecken auf der Website von "MusikWoche.de", 31. Mai 2001
"Es ist eine Hommage an die Herren und Damen, die in den sechziger oder siebziger Jahren im Radio so viele Informationen gebracht haben über neue Musik, die man ansonsten nicht mitgekriegt hätte, wo man auch gerne am Radio gesessen hat und sich mal eine Reportage reingetan hat. Ich weiß noch während meines Kunststudiums der Malerei habe ich die ganze Zeit dieses Radio angehabt und man hat mir gottweißwas erzählt, was in der Welt vor sich ging. Und es war noch nicht dieser Zwang zum "mindestens nach anderthalb Minuten muß irgendwie der nächste Chart-Hit kommen" , damit man nur ja nicht anfängt zu denken, oder so. Und ich denke, es ist vielleicht mal an der Zeit den Leuten, die diese Art Radio gemacht haben und den ganz wenigen, die das heute immer noch tun - erfreulicherweise - , ein kleines akustisches Denkmal zu setzen." Wolfgang Niedecken beim Konzert in Bern am 7. Juni 2001 "Radio Journal": „Gespräch mit Frank Laufenberg - Autor, Musik-Journalist und Moderator“ HR3: Radiolegende Werner Reinke: „Rückwärts gewandte Sendungen sind mir ein Graus
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"Die Moritat vun Jan un
Griet" (2001)
"Meine persönliche Lieblingsgeschichte aus dem kölschen Fundus ist die von einem Päärchen, welches nicht zueinander finden sollte zur Zeit des dreißigjährigen Krieges. Diese Geschichte wird jedes Jahr am Severinstor aufgeführt und zwar an Weiberfastnacht. Ich habe mir das Ding tausenmal angeguckt und ich fand es immer wieder klasse. Kurz danach muß ich immer wieder machen, daß ich aus Köln wieder rauskomme, aber die Geschichte muß ich immer noch haben. Um es kurz zu machen: Der Jan war Knecht auf einem Bauernhof innerhalb der Kölner Stadtmauern - da war damals noch Platz - und die Griet war Magd auf diesem Bauernhof, und er war "tierisch verschossen" in die Griet, aber sie war zu "höherem geboren" - dachte sie. ... Jedenfalls, sie hat ihn auflaufen lassen und er ist dann ganz verzweifelt und traurig in den den Krieg gezogen, in den dreißigjährigen. Als er dann wieder nach Köln zurückkam, hatte er auch Karriere gemacht ... - er war der Reitergeneral Jan von Werth. Er kam zurück und auf einer Art Triumphzug ritt er er genau durch besagtes Severinstor und auf der linken Seite, wenn man reinkommt, saß dann Griet mit einem Apfelkorb als Marktfrau, erkannte ihn wieder und natürlich hat sie es bereut: "Jan, "wer hätt et jewoss!?" ... "Tja, wer hätt et jedonn!?" - das heißt soviel wie "Dumm gelaufen!" oder so ähnlich. Und wir sind froh endlich mal ein Stück zu haben, wo eine richtige Moral am Schluß ist. Also, Mädels, zuhören..." Wolfgang Niedecken beim Konzert in Bern am 7. Juni 2001
""Die Moritat vun Jan un Griet" basiert auf einer der für meinen Geschmack schönsten Kölner Legenden. Jan war Knecht auf einem Hof innerhalb der Kölner Stadtmauern zur Zeit des 30jährigen Krieges und Griet war eine Magd. Jan war sehr verliebt in sie, aber egal, was er auch anstellt - Griet wollte ihn nicht. Ihr stand der Sinn nach Höherem. Jan zieht verzweifelt in den Krieg und kommt dann viele Jahre später als hochdekorierter Reitergeneral Jan von Werth wieder in die Stadt. Diese Geschichte wird Jahr für Jahr an Weiberfastnacht am Severinstor aufgeführt, in der Gegend, wo ich aufgewachsen bin. Seit meiner frühen Kindheit habe ich diese Aufführungen gesehen und das war für mich immer eine höchst nachdenkenswerte Geschichte. Ich fand die Story nie langweilig. Mich faszinierte vor allem die Tatsache, dass das Ende offen blieb. Es war klar, dass ich eines Tages daraus einen Songtext machen würde. Als wir anfingen, den BAP-Film mit Wim (Wenders) zu drehen, kam mir diese Geschichte wieder in den Sinn. Jan ist dafür ein Filmvorführer und Griet eine Platzanweiserin. Jens (Streifling) hatte glücklicherweise eine Musik, die ironisch genug war, so einen Text zu transportieren, diesen Frage-Antwort-Dialoge - mit einer wirklich ernsten Nummer wäre das nicht gegangen. Es muss schon ein bißchen 'tongue in cheek' sein. Das passt alles sehr schön zusammen. Vor allem wenn man den Titel liest, kommt man nicht auf die Idee, dass es sich um eine derart heftige Uptempo-Nummer handelt. Viel eher würde man an einen Leierkasten, an etwas Getragenes denken. Dabei ist das eine der schnellsten Nummern auf dem Album." Wolfgang Niedecken auf der Website von "MusikWoche.de", 31. Mai 2001 Das "Reiter Korps Jan von Werth e.V." präsentiert das traditionelle Spiel um "Jan und Griet"
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1999 |
"Für 'ne Moment" (1999)
„War zum ersten Mal auf dem Album „Comics & Pin-ups“. Die Albumversion war zu arg mit der Brechstange auf modern getrimmt. Haben wir live ganz anders gespielt und war immer in unserem Live-Repertoire. Für mich die ideale Nummer, um ein Konzert anzufangen, ganz gleich ob ich alleine spiele oder mit einer Band. Zu erzählen, wo ich herkomme, um meine Visitenkarte abzugeben. Das Stück erzählt eigentlich von den Anfängen von BAP. Das Einzige, was bei uns damals zwischen 1976 und 1979 wirklich auf dem Programm stand, war, den Kasten Bier leer zu proben.“ Wolfgang Niedecken - "Song by Song" zum "NiedeckenKoeln"-Album 2004 Fotos aus den BAP-Archiv:
"Für 'ne Moment" in dem Film "Viel passiert"
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"Hück ess sing Band en
der Stadt" (1999)
Wolfgang Niedeckens Hommage an die „Kölner Sporthalle“ (13.12.1958 eröffnet und 1999 abgerissen) und an all seine Helden, die dort gespielt haben: "Die Geschichte mit den Stones, die tatsächlich an meinem 16. Geburtstag in der Kölner Sporthalle gespielt haben. Ich habe das Stück geschrieben, als klar war, dass sie abgerissen wird, was ich heute noch bedaure. Ich trauere der immer noch nach, weil das eine wunderbare Hallengröße war. Dann kommt natürlich hinzu, dass ich in der Sporthalle außer den Beatles alle gesehen habe. Die komplette Rock’n’Roll-Geschichte hat für mich in der Kölner Sporthalle stattgefunden. Dort habe ich alle meine Helden gesehen: Hendrix, Who, Kinks, Led Zeppelin, Procol Harum. Wenn es die Halle schon nicht mehr gibt, könnte man wenigstens einen Gedenkstein aufstellen. Schließlich ist das ein Stück Kulturgeschichte. An alten Fachwerkhäusern werden auch Schilder angebracht, wenn dort ein berühmter Komponist mal eine Nacht geschlafen hat." Wolfgang Niedecken - "Song by Song"-Promo zum "NiedeckenKoeln"-Album 2004 "Niedecken und die Rolling Stones - Sporthalle Köln 1967" (Ausschnitt aus "BAP - Viel Passiert") WDR-„Lokalzeit“ vom 13.12.2018
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"Vum donnernde Lääve" (1999)
"Das ist eine Biermann-Nummer, die mich immer sehr beeindruckt - und auch beeinflußt hat. Sie ist, wenn man so will, der Vorläufer von "Ne schöne Jrooss". Deswegen gehen die beiden Nummern hier auch ineinander über. Zuerst habe ich versucht, dieses Stück hochdeutsch zu singen, aber es wurde dann von Tag zu Tag immer mehr kölsch. Der Hintergrund: Wolf Biermann hatte mich zu seinem 60. Geburtstag eingeladen und gebeten, diese Nummer, von der er wusste, daß sie mir wichtig war, zu singen. Eine große Ehre. Ich bin damals dann mit Effendi nach Hamburg gefahren und wir haben ihm im Schauspielhaus dieses Ständchen gebracht: Effendi am Akkordeon, ich Gitarre und Gesang. Bei dieser Gelegenheit habe ich die Nummer noch im überregionalen verständlichen Millowitsch-Kölsch gesungen. Als wir den Titel nun für "Tonfilm" aufgenommen haben, habe ich Zeile für Zeile umgewandelt. Weg vom Millowitsch- und hin zum richtigen Kölsch. Biermann hat uns beim Abmischen in Hamburg im Studio besucht und als Erster das komplette Album gehört und meinte, ´er hätte noch nie gehört, daß jemand seine Songs in einem eigenen Stil interpretiert. Er sei wirklich überrascht.´ Biermann zu covern ist auch sehr schwer, denn der Typ hat einfach Personality satt. Entweder man imitiert ihn oder man macht es nur schlechter. Aber seine Songs mit eigener Personality anzufüllen, scheint eine wirkliche Leistung zu sein. Zum ersten Mal fiel mir "Vom donnernden Leben" 1976 auf, als Biermann sein legendäres Konzert in der Kölner Sporthalle gab, kurz bevor die SED-Bonzen ihn ausbürgerten. Dieser Titel war schon ein Fundament, eine Ausgangssituation für mich als Textautor in deutscher Sprache. Er stammt aus dem Jahr 1976, wo sich BAP formierte. Damit beginnt die "Tonfilm"-Geschichte." Wolfgang Niedecken auf der interaktiven Press-Kit zum "Tonfilm"-Album Wolf Biermann singt „Vom donnernden Leben“ am 13. November 1976 in der Kölner Sporthalle
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1996 |
"Novembermorje" (1996)
"Das Stück handelt von einem Freund von mir, der vor zwei Jahren gestorben ist. Das war ein Maler, der hieß Michael Buthe. Der hat wunderbare Bilder gemalt, wunderbare farbenfrohe Geschichten, Installationen, Objekte. Der hat teilweise in Köln gewohnt und - ich kann das gut verstehen – die meiste Zeit halt in Marrakesch, und um es kurz zu machen: Er ist an einer Überdosis "Lebensfreude" gestorben – letztendlich. Er ist ein bißchen zu nahe an die Sonne gekommen." Wolfgang
Niedecken auf einem Konzert in Halle/Saale am 05.12.1996
"Haus der Kunst", München:
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"Nix wie bessher" (1996)
„Spielt in der gleichen Straße. St. Magdalenen. Bei dem Album gab es das Konzept, dass sich alle Charaktere in dieser Straße hätten finden lassen. Dort habe ich als Kind auch gespielt. Anfangs Fußball, dann ging es auch langsam mit Musik los und dann kamen die Mädels. Und jedes Mal, wenn man sich bei diesem Dreisprung für eine der drei Geschichten begeistert hat, war wirklich nichts mehr wie vorher. Seit das Stück existiert, war es auch bei jedem Konzert ein wichtiger Eckpfeiler. Wenn man heute durch die Straße geht, ist es eigentlich eine tote Straße. Alles schön aufgeräumt, aber der Charme der Straße ist komplett weg. Das ist kein nostalgisches Nachhängen, sondern eine Feststellung.“ Wolfgang Niedecken - "Song by Song"-Promo zum "NiedeckenKoeln"-Album 2004 Eusebius Wirdeier (Hrsg.), Wolfgang Niedecke, Chargesheimer: "Fotogeschichten Kölner Südstadt" Kölner Geschichte: „Auf Zeitreise in der Kölner Südstadt“ Fotos von Chargesheimer und Wolfgang Niedecken auf www.meinesuedstadt.de und Gaststaette "Wirtz"
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1995 |
"Vill passiert, sickher!"
(1995)
Nach meinem Kinobesuch von „Like a complete unknown“ kam mir der Song „My back pages“ in den Sinn (obwohl der nicht zu den Film-Songs gehört) und damit verbunden das legendäre Konzert anlässlich Dylan’s 30jährigem Bühnenjubiläum am 16. Oktober 1992, das Wolfgang Niedecken live vor Ort miterlebt hat: "Es war dieses dreißigjährige Bühnenjubiläum vor zwei Jahren. ... Da stand nun alles auf der "Matte", wer irgendwas mit ihm am Hut hat von der großen Weltprominenz und dann hat man Stücke von ihm gespielt und eben ein Stück dabei war eins, wo für mich die Sonne aufging, weil die ganzen "Glaubwürdigkeitsvertreter" von Clapton über George Harrison, Neil Young, Roger McQuinn, Tom Petty, die standen halt da und haben sich dieses Lied aufgeteilt, was für mich sowieso ein ganz wichtiges war, ... dieses "My Back Pages", das Stück, was "Blowing In The Wind" wieder in eine richtige Relation gebracht hat, was aber kaum einer kennt, aber die Jungs wissen schon, warum sie genau das gesungen haben, um zu zeigen, hier, das ist der Mann, und der Mann erklärt sich selber am besten, da brauchen wir gar keine schlauen Abhandlungen darüber. ... Als ich das Album ... zum ersten Mal gehört habe zuhause am Frühstückstisch – ohne Quatsch – ich habe geheult. Ich habe das Ding gehört und ... gedacht, was passiert jetzt?!" Wolfgang Niedecken während der Vorstellung der CD "Leopardefell" bei SWF3 Dieser Song war die Grundlage für seines kölsche Cover-Version „Vill passiert sickher“!
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1993 |
"Widderlich"
(1993)
"Ihr sitt widderlich, nimieh zo erdraare, "Die Zeile "Widderlich" kam instinktiv. Das ist ja nur ein Wort. Das war eigentlich mein innerer Kommentar zu der Feigheit, sich nach dem Anschlag von Solingen zu bekennen, und wenn es nur in der Form gewesen wäre, wenn unser Kanzler den Mumm gehabt hätte, in die Türkei zur Beerdigung zu fliegen. Man hat sich einen Scheiß drum gekümmert, was die Lichterketten aussagen wollten. Man hat einfach so weitergemacht und ist zur Tagesordnung übergegangen. Wir haben das Image der Bundesrepublik im Ausland schön hochgehalten und das war’s dann auch schon. Insofern sind wir auch reingefallen. Das muß man ganz klar sagen. Dagegen wehrt sich dieses Stück noch nicht mal in erster Linie, aber in zweiter Linie auf jeden Fall." Wolfgang Niedecken in dem Video "BAP – Mit offenen Karten" aus dem Jahr 1993
"Nun wäre ja vieles okay mit Veranstaltungen dieser Art wie sie am Chlodwigplatz waren an diesem besagten 9. November, am "Arsch huh"-Tag., es wäre in Ordnung gewesen mit dem Frankfurter Konzert "Heute Die, morgen Du!" oder der Leipziger Veranstaltung, und die Lichterketten wären auch super, wenn unsere Regierung nicht hingehen würde und ... im Ausland "auf dufte" machen würde und sagen würde: "Das sind ja alles bloß verwirrte Einzeltäter, die diese Asylantenheime anstecken, die irgendwo Ausländer überfallen. ... Das sind nur verwirrte Einzeltäter und die große Mehrheit der Deutschen ... verurteilt sowas." Solange man so weiterlügt, weil die freuen sich ... , wenn irgendwo ein Asylantenheim brennt. Und solange man das nicht zugibt, wird das immer so weitergehen." Wolfgang Niedecken auf einem Open Air in Balingen am 10.07.1994
"Widderlich" mit Erläuterungen in dem VHS-Video "Mit offenen Karten" (ab Min 15:35)
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"Paar Daach fröher"
(1993)
"Schon eine längere Zeit hatte ich im Kopf dieses Bild ... "auf dem Balkon stehen und man sieht die Zugvögel Richtung Süden fliegen" und, wenn ich selber so meine Gefühle dabei überprüfe: "Will ich da mit oder will ich nicht mit? - und mir ging's dann in diesem Jahr und im vorigen Jahr ... zum ersten Mal so, daß ich denke: "Nun ja, hier ist es ja auch ganz schön. Bleibst mal hier." Dann überlegst du: "Woran mag das liegen?" Das hat viel damit zu tun, oder ausschließlich damit zu tun, daß ich endlich meine private Situation auf der Reihe hab'. Nach langer, langer Zeit geht's mir mal so, daß ich einfach denke: "Na ja, gut, die fliegen vielleicht nach Nordafrika und ich bleibe hier, und das ist auch in Ordnung." Wolfgang Niedecken auf der Promo-MC zu "Pik Sibbe", 1993 "Da hängt für mich am meisten von mir drin. Auch so das Gefühl, was ich zur Musik habe und wie ich selbst Musik empfinde. Das bin eigentlich ich, das Stück. Das ist von vorne bis hinten wie ich halt bin." Klaus "Major" Heuser in dem Video "BAP – Mit offenen Karten" aus dem Jahr 1993
"Paar Daach fröher" auf der "Vier Balladen"-CD „Eurowings“-Reiseblog: Entdecke Essaouira, Marokkos blau-weiße Fischerstadt
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"Om naaße Ashalt"
(1993)
„Heiner Lauterbach ruft an und fragt, ob wir nicht zu seiner letzten "Eurocops"-Folge die Filmmusik machen könnten. Ja, dann haben wir überlegt "Machen wir das? Wird schon irgendwie passen!", weil das Ding spielt in Köln und hat irgendwie indirekt auch mit unserem ganzen "Theater" da zu tun. Heiner Lauterbach hat dann den Film geschickt, den fertigen, und wir haben uns den angeguckt - also in dem Fall Major und ich ... - und Major meinte dann, er wäre sowieso gerade an einem Blues, der dazu wohl ganz gut passen könnte. Dann haben wir die Instrumentalversion zum Film laufen lassen. Das war der Test- klar, das funktionierte... Das war's dann auch: Ein Blues - nur der Text war noch nicht da, und das ging dann aber auch ziemlich schnell. Dieser ganze Film spielt im Rotlichtmilieu. Man stellt sich dann die Orte vor, die Stellen, wo das ist und ein eigentlich ... "imaginärer" Eckensteher guckt: "Was geht ab?" ... Irgend so ein Typ lallt "My Way" und fällt völlig ausgenommen aus so einer Spielbude raus. Diese kleinen Beobachtungen aneinandergereiht - ist eigentlich mehr so ein atmosphärischer Text. Erzählt zwar auch eine Geschichte, aber die Geschichte selber ist eigentlich gar nicht so wichtig, die ist nicht so vordergründig. Ich mag das Ding einfach deswegen, weil es völlig unaufdringlich ist und halt auch "Making Movies." Wolfgang Niedecken auf der Promo-MC zu "Pik Sibbe"
Die letzte "Eurocops"-Folge: "Flamingo"
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"Wie die Sichel vum
Mohnd"
(1993)
"Ich sitze also in diesem
Bungalow auf den Philippinen auf der Insel Boracay und es regnet an
einem Stück. Alles ist eigentlich wunderbar. Ich liege in der
Hängematte rum, lese dieses Buch von Bodo Kirchhoff "Infanta",
welches auch auf den Philippinen spielt. Ich habe mich nach einer
Woche so richtig eingegroovt und fühle mich gut. Denke: Aha, diese
Situation wolltest du und gehe dann an meinen Koffer, wo die
Kassetten drin sind, die Major und Effendi mir – Jürgen Zöller auch
– paar Musiken drauf aufgenommen hatten, zu denen ich vielleicht
etwas schreiben könnte. Lege die erste Kassette ein und denke, das
paßt zur Atmosphäre hier.- Und in dem Moment, wo ich denke, damit
könntest du etwas anfangen, mit der Nummer, kommt ein kleiner
schwarzer Hund vorbei an der Terrasse. Denke mir, der paßt auch
klasse und fange schon mal an mit dem kleinen schwarzen Hund. Das
ist die erste Zeile in dem Stück "Die Sichel vum Mohnd". Das Stück,
was auf dieser Terrasse spielt mit dem Buch im Hinterkopf von Bodo
Kirchhoff, wo einer, der sich einfach treiben läßt, ein
unglaubliches "Schwein" hat, und man weiß nicht, wie das ausgeht.
Wird der am Ende noch belohnt für seine Trägheit, für sein "Treiben
lassen"? Jedenfalls, es fängt an mit dem kleinen Hund: Der schwarze
Hund, eine Hängematte und ein Buch. Und es wächst dann. Tina ging
schon mal schlafen. Ich bin die ganze Nacht über da gesessen, und
sie wurde dann wirklich beendet, diese Schreibsession, dadurch, daß
der Generator in’s Stottern kommt und das Licht ausgeht. Ich muß
somit auch schlafen. Wolfgang Niedecken auf dem Video "BAP – Mit offenen Karten" aus dem Jahr 1993
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"Blonde
Mohikaner"
(1993)
"Ich klimpe rumm und hab' irgendwann dieses Bild vor mir von diesen Jungs, die auf ihren Barhockern sitzen und abends kurz vor Eins, bevor die Kneipe zugemacht wird, in ihren Drink starren und irgendwie denken: "Ist wohl nicht alles so gelaufen, wie ich mir gedacht hab', aber so ist auch o.k.." Also, auch nicht der große Weltschmerz, mehr auch so eine Bestandsaufnahme: "Der ganz große Wurf ist nicht gelaufen, der ganze Lebensplan ist etwas anders vonstatten gegangen." Einfach Jungs oder Mädels, die gewagt haben, mal was anders zu machen, als es normalerweise das Arbeitsamt vorschlägt, und dabei teilweise auch auf die Nase gefallen sind. Desillusioniert, teilweise auch frustriert, aber nicht unbedingt am Leben vorbei. Was wäre mit mir, wenn nicht zufällig dieser ganze Rock'n'Roll-Zirkus dermaßen mein Leben rummgedreht hätte? ... Ich wäre wahrscheinlich auch ein "blonder Mohikaner" geworden. Habe halt ein bißchen mehr "Schwein gehabt" als andere."
Wolfgang Niedecken auf der
Promo-MC zu "Pik Sibbe"
Songtext Live-Version (2010) mit abgeändertem Text!
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"Queen vun dä Ihrestrooß"
(1993)
"Ich habe damals viel mit Nikitakis zusammengearbeitet, von dem ich viel gelernt habe. Den Text hatte ich ursprünglich zu einer Coverversion von „Dead Flowers“ von den Rolling Stones geschrieben. Ab und zu haben wir das Stück bei Proben gespielt und irgendwann sagte Nicki, es sei eigentlich schade, dass der Text nicht über das Coverversion-Stadium hinwegkommen will, er nehme den mal mit. Dann kam er wieder und hatte die Musik. Könnte man aber heute noch auf die Akkorde von „Dead Flowers“ singen. Der Song ist ein wenig in Vergessenheit geraten und die neue Instrumentierung, die sich Mike ausgedacht hat, dieser New-Orleans-Swamp-Jazz, mag ich sehr. Für mich fand „Dead Flowers“ immer auf der Ehrenstraße der frühen siebziger Jahre statt, in der sehr hübsche Boutiqueverkäuferinnen arbeiteten, an die wir verarmten Kunststudenten niemals herankamen. Da musste man schon flotter unterwegs sein."
Wolfgang Niedecken - "Song by
Song" zum "NiedeckenKoeln"-Album 2004
Songtext
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1991 |
"Sibbzehn Froore
(1991)
"Die ersten Berichte über den „Durchbruch“ sind im Fernsehen. Auch ein Rückblick auf den Mauerbau vor 28 Jahren wird gezeigt. Szenen, die wohl jeder erwachsene Bundesbürger schon zigmal gesehen hat. Wie die mit der Frau, die, gerade noch von einer Männerhand gehalten, gleich den Sprung aus dem noch nicht zugemauerten Fenster, wagen wird. Oder die Stelle mit dem stahlbehelmten Volksarmeesoldaten, der, sein Gewehr wegwerfend, über einen Stacheldrahtzaun springt. Diese und die aktuellen Freudestaumelszenen sind allerdings so vermischt, daß in den Köpfen meiner Kinder nichts als Chaos entsteht, das sich logischerweise dann in ungezählten, scheinbar naiven Fragen entlädt, von denen die meisten auf die Beantwortung der jeweils vorausgegangenen Fragen beziehen.“
Wolfgang Niedecken auf der
Maxi-Single „Vis á Vis“ 1991
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1988 |
"Saison
der Container"
(1988)
"Die Musik hat der Major mir vorgespielt und es ging bei mir sofort: "Kling", das muß das Lied mit den Container sein! Und das hat Folgendes auf sich: Die Südstadt ist ja mittlerweile schon seit längerem in der Sanierungsphase. Das dürfte mittlerweile auch vorbei sein, oder in der Endphase sein. Da ist viel darüber geschrieben worden, viel gesprochen, viele – auch von mir - Texte dazu gemacht worden: "Saison der Container", "Stollwerk-Leed", jede Menge eigentlich... Dieser hier, das ist einer, der so mehr aus der satirischeren Ecke kommt. Da stehen ein paar Jungs in einem "Büdchen", in einem Kiosk und lassen die Sprüche ab, die markigen. Sie haben wahrscheinlich ihren Damen zu Hause gesagt, sie würden jetzt mit dem Rennrad "Trimm-Dich"-mäßig unterwegs sein. Haben auch, wie sich das gehört, den Jogginganzug an, Rennrad vor der Türe stehen, Fahrradklammern... Alles klar, aber sie stehen im Büdchen, trinken sich ein bißchen was und ... erzählen sich gegenseitig, was sich alles so im Viertel verändert hat in der letzten Zeit, was sie mitgekriegt haben, was sie aber nicht so furchtbar berührt. Und das ist auch alles o.k. so, solange man ihnen nicht das Büdchen zumacht. Also, dann würden sie wahrscheinlich doch sauer. Büdchen – für alle, die nicht aus dem Kölner Raum sind.: Büdchen sind die Dinger, wo "Trinkhalle" dransteht, wo man Zeitungen kaufen kann und alles, was man nach Geschäftsschluß woanders nicht mehr kriegt. Ja, die finden alles o.k. so, nur das Büdchen muß halt bestehen bleiben. Das ist so ähnlich wie dieser uralte Rock’n’Roll-Text: "You can do anything what you want, but don’t step on my blues-wait-shoes." Soviel zu dem Text." Wolfgang Niedecken auf der A-Single "Saison der Container"
WDR Lokalzeit Köln (19.02.18) „Dat Büdche Sterne-Kioske“
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"Op dä Deckel vum Clown"
(1988)
"Und manchmal passiert es, daß sich Stücke einfach selber den Weg auf eine LP bahnen. So auch die nächste Nummer. ... Es ist eine Nummer, die Ray Davies irgendwann mal geschrieben hat – es ist schon ein paar Tage her. Und da das ganze so schön zu dem ganzen Zirkusding paßt, haben wir uns gedacht, dann machen wir die drauf auf die Platte." Wolfgang Niedecken auf einem Konzert in der Berliner "Deutschlandhalle" am 2.9.1988
„Death of a clown“
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"Biko"
(1988)
„Der Text zum BAP-Cover-Song
"Biko" (von Peter Gabriel), geschrieben von Wolfgang Niedecken, ist
eine bewegende Hommage an den südafrikanischen Aktivisten Steven
Biko, der für seine Überzeugungen gegen das Apartheidregime kämpfte
und schließlich ermordet wurde. Die Eröffnung des Songs, in der Orte
wie Port Elizabeth genannt werden, schafft sofort eine Verbindung zu
Bikos Leben und Tod. Die wiederholte Anrufung von Biko, oh, Biko!'
verstärkt die emotionale Resonanz des Liedes und ruft die Erinnerung
an seinen Kampf gegen die Unterdrückung und Ungerechtigkeit hervor. Von der Homepage "MusikGuru"
Original von Peter Gabriel
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1987 |
"Nie met Aljebra"
(1987)
„Falls jemandem die Stelle mit den "fallenstellenden Erinnerung " bekannt vorkommt, ... habe sie erst in "Bunte Trümmer" transplantiert, nachdem feststand, daß "Aljebra" nicht auf "Ahl Männer" erscheinen würde. Kindheitserinnerungen..." Wolfgang Niedecken im Beiheft zum "Schlagzeiten"-Album
"Sie haben ja bereits „Nie mit Aljebra“ erwähnt. Der Song war eigentlich der Grund für mein erstes Soloalbum Schlagzeiten, das 1987 erschien. Es gab bei BAP nur noch einen weiteren Musiker, der das Stück mit der Band aufnehmen wollte, und das war der „Schmal“ Boecker. Bei den anderen gab’s zwar einige, die indifferent waren, aber tatsächlich gab es eine große Opposition. Das fand ich sehr schade, denn es waren noch einige andere tolle Lieder übriggeblieben. Es war, wie ja allgemein bekannt ist, eine kritische Phase damals, während den Aufnahmen zum Ahl Männer, aalglatt-Album, BAP war kurz vorm Auseinanderfliegen. An dem gemessen haben wir uns danach nochmal, für die nächsten vierzehn Jahre, recht ordentlich zusammengerauft – Gott sei Dank. Aber „Nie mit Aljebra“ war wirklich der Grund für mein erstes Soloalbum, weil mir und dem Schmal dieses Lied so wichtig war." Wolfgang Niedecken im Gespräch mit Sascha Seiler auf "Literaturkritik.de"
„Auf dieser Platte sind fast nur Texte, die entweder zu lang oder zu autobiographisch waren, um bei BAP verwirklicht zu werden.“ Was das bedeutet, kriegt der Hörer gleich im ersten Lied zu spüren: Zehn Minuten lang singt Niedecken von seiner Kindheit in den Fünfzigern, von der Zeit im Rheinbacher Internat, von der Hölle dieser Männerwelt, vom Kalten Krieg.“ aus „Leiden am Kleinbürgermief“: Wolfgang Niedecken 1987 im Gespräch mit Christoph Drösser
Wolfgang Niedecken & Complizen: "Nie met Aljebra" Wolfgang Niedecken & die "WDR Big Band" mit "Nie mit Aljebra" vor dem Kölner Dom, 27.05.2011
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"Für ´ne Fründ" (1987)
„Dieses merkwürdige Gassi gehen zwischen Ankunft und Soundcheck fand während der „Salzjebäck un Bier“-Tour im Schweizer Städtchen Chur statt. 1984, zwei Jahre vor dem Sandoz-Unfall, war der Rhein nur noch eine Kloake und kein Mensch konnte sich vorstellen, dass sich da jemals etwas daran ändern würde. Aber ausgerechnet durch diese Brandkatastrophe und das anschließende Fischsterben, ausgelöst vom kontaminierten Löschwasser, kam es im Rhein zu einer ökologischen Wende. Ich habe mich später des öfteren gefragt, wie es denn wohl in den Nachkriegsjahren um die Wasserqualität des Rheins bestellt war, als sich mein Bruder Heinz und seine Kumpels an die Schleppkähne hingen, um sich stromaufwärts ziehen zu lassen. In den fünfziger Jahren waren wir im Sommer an den Wochenenden regelmäßig nach Langel, direkt gegenüber der Wesselinger Chemiefabrik gefahren, um zu campen und im Fluss zu baden. Eigentlich ganz schön, dass sich unerwarteterweise auch schon mal was zum Besseren wendet. Severin hat jedenfalls noch sehr oft im Rhein schwimmen können, und zwar bei deutlich erhöhter Wasserqualität.“ Aus dem Beiheft zum Album „Reinrassije Strooßekööter“ (2017)
Youtube-Video von „ohnemitglied“
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1986 |
"Lisa" (1986)
"Diese Nummer hat einen sehr einfachen Inhalt. ... Es ist fast so einfach wie bei der "Sesamstraße" die Nummer mit einem vollen Glas und einem leeren Glas. Es geht um die zwei Begriffe normal und unnormal. ... Die Idee zu dem Stück kam, als ich ein Foto gefunden habe in der Zeitung von fünf netten Familienvätern, die ... Granaten im Arm wiegten und sich damit ganz stolz hatten fotografieren lassen. Das waren Herren von der Rüstungsfirma "Rheinmetall" und die waren sehr stolz darauf und waren anscheinend sehr "normal", während die Frau, die mir kurze Zeit vorher etwas von sich erzählt hatte, halt wahrscheinlich sehr "unnormal" gewesen sein muß." Wolfgang Niedecken auf dem Rockpalast-Konzert 1986 in der "Grugahalle" in Essen
"Dies ist eigentlich ein ziemlich einfaches Stück. Da hat sich jemand ... mehreres geleistet, was nicht unbedingt unter die Rubrik "normal" paßt. Diese Geschichte wäre mir fast nicht mehr eingefallen – die hat man mir während der letzten Tour hier in der Nähe in Ravensburg erzählt. Sie ist mir wieder eingefallen als ich diese fünf netten Familienväter auf einem Foto in einer Zeitung gesehen habe. Die "Jungs" waren von der Firma "Rheinmetall", und die hatten ganz stolz Raketen im Arm und posierten wahrscheinlich gerade für dieses Werbefoto. Es stellte sich halt die Frage: Wer gehört eigentlich hinter diese Backsteinmauern?" Wolfgang Niedecken auf einem Open-Air in Konstanz am 7.6.1986
„Sie muss eine eigentümlich interessante Frau gewesen sein, diese Lisa. Dabei hieß sie nicht einmal Lisa. Wolfgang Niedecken hat sie so genannt, nachdem ihm 1984 in der Ravensburger Gastwirtschaft „Räuberhöhle“ jemand die Geschichte eines Mädchens erzählt hatte, das in einer Welt voller „normaler“ Leute überhaupt nicht klarkam und daran zerbrach.“
Widerstandspreis der „Freunde der Räuberhöhle“ geht an Wolfgang Niedecken
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1979 |
"Das große Schu-bi-du"
(1979)
„Und zwar geht das alles vom Willi Birgel aus. ... Der Willi Birgel hat 1956 einen Film gemacht und ist aus dreierlei Gründen schuldig: a) als Hauptdarsteller, b) als Drehbuchautor und c) als Regisseur. Der Film hieß "Johannisnacht" und er war voriges Jahr oder vor zwei Jahren am Vatertag im Fernsehen, und da hatte ich nichts zu tun, weil ich ja kein Vater bin. Da habe ich Fernseh geguckt. Der Film ging folgendermaßen: Willi Birgel war Landadliger – das ist noch nichts besonderes, weil das ist der immer! Und da hat der Willi Birgel auf einmal, wie sich das für Landadlige auch gehört, eine Opernsängerin geheiratet – das ist auch nichts besonders, das ist auch ziemlich normal. Das machen die immer! Die Opernsängerin, die hat dann vom Willi auf einmal ein Kind gekriegt, weil der Willi ist ein potenter Willi – das muß man noch dazu sagen. Und eines Tages, wie das Kind – das war übrigens "nur" ein Mädchen – schulpflichtig wurde, hat die Mutter gesagt: "Willi, jetzt gehe ich wieder arbeiten!" Und da hat der Willi gesagt: "Kommt überhaupt nicht in die Frage!" Mutter hat gesagt: "Doch!!" Und der Willi findet Widerworte ätzend und dann ist die Mutter auch gegangen, arbeiten an der nächstliegenden Oper. Das war in dem Fall die "Metropolitan Oper" in New York, und das fand der Willi natürlich schon reichlich herb. ... Und da hat er das Kind in Verbannung geschickt, und zwar mit einem Rehkitz zum Trost und zum Aufpassen eine Amme. Und da das Personal aber nicht zuverlässig war – schon 1956 zu Nierentischzeiten auch .. nicht. ... – fällt das Rehkitz in den reißenden Bergbach hinein. Das Kind will das Rehkitz retten, versäuft auch fast, wenn nicht im letzten Moment die Frau des Willis von der "Oper in der Metropolitan" überlegt hätte, sie muß zum Willi zurück. Und der nächste Weg ... von der Metropolitan Oper zum Willi Birgel geht über die Alm. Sie kommt also an dem reißenden Bergbach vorbei und rettet erst mal das Kind, dann das Rehkitz und entläßt dann die Amme. ... Und das ganze Ding war so daneben, daß ich mir überlegt habe, da muß mal ein Film gemacht werden, wo noch mehr Schwachköpfe drin vorkommen. Das ist ein Drehbuch jetzt." Wolfgang Niedecken auf einem Konzert in Bremen am 23.03.1981
"Das große Schub-bi-du", "Rockpalast"
in der Markthalle Hamburg
1981
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1969 |
"Satin
Rose"
(1969) von "Goin' Sad" auf der EP "Hans Daniel präsentiert Bonner Beat Bands" - Der erste Tonträger mit Wolfgang Niedecken !!
„Im Landtagswahlkampf zu Beginn
des Jahres 1970 ließ der damalige Kandidat der Bonner CDU und
spätere Oberbürgermeister Dr. Hans Daniels eine EP mit Bonner
Beatbands aufnehmen. Beiträge lieferten „TAKE 5 & 2“, die
Rheinbacher Formation
„GOIN’ SAD“ und „MAGIC SPIRIT“. Von der Homepage (mit Fotos) "Bonner Beat Bands"
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... wird fortgesetzt! |